© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/07 20. April 2007

Alltagseinblicke:
Deutscher Paß - Russische Seele
Christoph Martinkat

Lange Zeit saß die Politik einer Illusion auf. Sie tat so, als wären drei Millionen Spätaussiedler problemlos in Deutschland zu integrieren. Daß sich die Rußlanddeutschen zwar nicht rechtlich, doch zumeist mental und sozial in einer echten Einwanderungssituation befanden - 80 Prozent von ihnen waren russisch sozialisiert -, wurde einfach übersehen. Erst spät, nachdem - etwa durch verschärfte Einreisebedingungen - der Zustrom versiegt war, erfolgte eine angemessene Analyse der Situation. Erst jetzt erfaßte man, wie viele Rußlanddeutsche wo lebten, welche Tätigkeiten sie ausübten oder ob sie häufiger straffällig waren als Einheimische.

Spätaussiedler: 30 Prozent sind arbeitslos

Dieser Tage erschien eine Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, aus der erstmals die Arbeitslosenquote bei Spätaussiedlern hervorgeht: Sie liegt bei mehr als dreißig Prozent. Vor allem Hochschulabsolventen haben kaum Arbeit. Da paßt es ins Bild, daß der kasachische Präsident Nasarbajew seinen Deutschlandbesuch im Januar dazu benützte, Spätaussiedler zur Rückkehr in das gas- und ölreiche Land aufzufordern. Die kasachische Wirtschaft wächst, es fehlt an qualifiziertem Personal. Doch die Kinder der Spätaussiedler wollen von Rückkehr nichts wissen. Etwa die 17jährige Diana in der Reportage "Deutscher Paß - Russische Seele" (So., 22.04., 17.30 Uhr, ARD), die vor zehn Jahren mit Schwester und Eltern aus Kasachstan kam. Sie hat gerade die Schule absolviert, hier längst Freunde gefunden, ist voller Zuversicht. Das eigentliche Glück seien ihre Kinder, sagen Dianas Eltern, sie gäben ihnen Hoffnung für eine Zukunft in Deutschland.


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