© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/07 20. April 2007

Im Blickfeld der Öffentlichkeit
Filbinger-Affäre: Das Studienzentrum Weikersheim nach dem Tod seines Gründers
Marcus Schmidt

Nach der Affäre um die Trauerrede des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger für seinen Amtsvorgänger Hans Filbinger gerät das von letzterem gegründete konservative Studienzentrum Weikersheim ins Blickfeld des öffentlichen Interesses.

Auslöser ist die Recherche eines Stuttgarter Journalisten, der einen Zusammenhang zwischen dem Verfasser der Trauerrede und dem Studienzentrum entdeckt haben will. Unter der Überschrift "Eine Trauerrede und ihre Autorenschaft" versucht Frank Krause in dem unter anderem in den Stuttgarter Nachrichten erschienenen Artikel nachzuweisen, das die in der Öffentlichkeit kritisierte Passage ihre Wurzeln in Weikersheim habe.

Verantwortlich für die heftig kritisiert Rede sei der Redenschreiber Michael Grimminger gewesen. Der 46jährige, der jetzt im Staatsministerium des Landes arbeitet, war früher ein enger Mitarbeiter des konservativen Philosophen Günther Rohrmoser, der wiederum 1979 zusammen mit Filbinger das Studienzentrum gegründet habe, schlägt Krause mutig den Bogen.

"Christlich-konservative Denkfabrik"

Kein Wunder also, daß sich mittlerweile auch andere Medien für das Studienzentrum interessieren, das als Antwort auf die Kulturrevolution der sechziger Jahre gegründet wurde und sich heute als "christlich-konservative Denkfabrik der großen bürgerlichen Mitte" versteht. Linken Kritikern wie dem umtriebigen baden-württembergischen SPD-Landtagsabgeordneten Stephan Braun oder dem Hamburger Politologen Wolfgang Gessenharter ist das Institut schon seit seiner Gründung im Jahr 1979 ein Dorn im Auge. Es wäre somit keine Überraschung, wenn die Gegner versuchen würden, die Gunst der Stunde für sich zu nutzen, um die verhaßte Einrichtung endgültig öffentlich zu diskreditieren. Zwar erhält das Studienzentrum nach eigenen Auskünften bereits seit Jahren keine finanzielle Unterstützung mehr vom Land Baden-Württemberg, sondern finanziert sich alleine aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, doch könnte das immer noch bestehende gute Verhältnis zur Landesregierung empfindlich gestört werden.

Die konservative Bildungsstätte, in deren Präsidium unter anderem der Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sitzt, sei "eine Bühne für Rechtsextreme", auf der sich "die Vordenker der extremen Rechten" präsentierten, versucht Braun die renommierte Einrichtung an den politischen Rand zu drängen.

Am Dienstag meldete sich auch Gessenharter zu Wort, der im vergangenen Jahr Referent auf einer von Braun organisierten Tagung war, auf der erfolglos die Aufnahme der JUNGEN FREIHEIT in den Verfassungsschutzbericht von Baden-Württemberg gefordert wurde (JF 48/06). Gessenharter charakterisierte gegenüber dem Internetdienst tagesschau.de das Studienzentrum als rechten "Thinktank", in dem sich alle Größen des Konservatismus die Klinke in die Hand drückten.

Auch der jetzige Präsident des Studienzentrums, Bernhard Friedmann, hat das durch Oettingers Rede gewachsene Interesse an seiner Einrichtung bereits zu spüren bekommen. Anfang der Woche standen gleich zwei Fernsehteams vor seiner Tür, um ihn zu Hans Filbinger und dessen Einfluß auf das Studienzentrum Weikersheim zu befragen. Angst, daß seiner Einrichtung aus der aktuellen Kritik an der Person Filbingers ein Vorwurf erwachsen könnte, hat Friedmann nicht. Er habe den Reportern eine Aufstellung aller Veranstaltungen vorgelegt, die Weikersheim seit 2003 unter seiner Präsidentschaft organisiert hat, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. "Wir sind einen sauberen, demokratischen aber kritischen Weg gegangen", sagte Friedmann. Eine Einschätzung, die mit Abstrichen mittlerweile auch ein eingefleischter Gegner wie Gessenharter teilt. In Weikersheim sei immer wieder neurechtes Gedankengut vertreten und verbreitet worden, "gegenwärtig ist das allerdings nicht mehr so".

Verhältnis zu Filbinger ist ungebrochen

In konservativen Kreisen dagegen wird schon seit geraumer Zeit beklagt, daß Weikersheim als Gegenstück zu den zahllosen linken Bildungseinrichtungen in den vergangenen Jahren an Strahlkraft verloren habe und der immer weiter nach links abgewanderten CDU gefolgt sei.

Das Verhältnis des Studienzentrums zu seinem Gründer Hans Filbinger indes ist ungebrochen. Noch kurz vor seinem Tode gratulierte der ehemalige Ministerpräsident seinem "Freund Bernhard Friedmann" zu dessen Geburtstag. Und auf der Internetseite würdigt das Studienzentrum den Verstorbenen: "Er war Gründer und bis zuletzt tragende Säule unseres Studienzentrums. Wir gedenken seiner in großer Dankbarkeit."

Das Studienzentrum Weikersheim im Internet: www.studienzentrum-weikersheim.de


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