© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

Leserbriefe

Zu: "Das Totengedenken weicht Opernaufführungen" von Hans-Joachim von Leesen, JF 13/07

Moralischer Vorsprung?

Unser angeblicher moralischer Vorsprung bei der Bewältigung der Vergangenheit führt zu keiner wirklichen Versöhnung. Auf deutscher Seite nicht, da er nicht echt, sondern von außen erzwungen und von Karrieristen vorgegeben wird. Bei den Siegern nicht, da sie sich nicht zu ähnlichem Tun herablassen, sondern sich in ihrer Haltung moralischer Unfehlbarkeit bestätigt fühlen.

Simon Aumeier, Weiden

 

 

Zu: "Mut gegen den Zeitgeist", Interview mit Elisabeth Noelle-Neumann, JF 13/07

Vom Mut verlassen

Das Interview habe ich mit großem Interesse gelesen. Meine Spannung stieg mit der Frage: "Wie aber sind heutige Massenmobilisierungen wie etwa der Kampf gegen Rechts zu beurteilen?" Bei dieser Frage hat Frau Professor der in der Interview-Überschrift beschworene Mut verlassen. Sie hat geantwortet, aber nicht auf die gestellte Frage.

Gerd Schultze-Rhonhof, Generalmajor a. D., Buxtehude

 

 

Zu: "Kritik am Übermaß" von Dieter Stein, JF 13/07

Meinungsfreiheit in Fesseln

Es ist unserer demokratischen Ordnung nicht würdig, die Meinungsfreiheit in Fesseln zu legen beziehungsweise in die eigenen vier Wände zu verbannen. Wir sind ohne Zweifel auf dem Weg dorthin schon viel zu weit gekommen. Ist unsere Ordnung denn in sich wirklich so schwach, daß sie keine Fehlmeinungen auszuhalten vermag? Zumindest wird sie von denen, die die Macht haben, wohl so eingeschätzt. Ich teile ihre Meinung nicht und empfinde die Unterdrückung der freien Meinung als beschämend.

Dieter Pfeiffer, Berlin

 

 

Zu: "Der 'abgestrafte' Kneipenwirt" von Clemens Taeschner, JF 13 /07

Auf Schadensersatz verklagen

Wie wir alle wissen, wird die Antifa von der Regierung mit jährlich 24 Millionen Euro bezahlt, um den "Kampf gegen Rechts" zu führen. Kann man den Politikern nicht klarmachen, daß es einen Unterschied zwischen "Rechts" und "Rechtsextrem" ebenso wie zwischen "Links" und "Linksextrem" gibt?

Da ja nun aber der Kneipenwirt eigentlich durch den Auftrag der Regierung geschädigt worden ist, sollte es doch möglich sein, diese Regierung auf Schadensersatz zu verklagen.

Gerda Wittuhn, Hamburg

 

 

Zu: "Der dritte Weg" von Fabian Schmidt-Ahmad, JF 13/07

Ein alter Streit

Der ideologische Streit zwischen Kreationisten und Evolutionisten ist viel älter als dargestellt, wird jedoch hierzulande tatsächlich meist nur anläßlich der amerikanischen Präsidentschaftswahlen wahrgenommen. Ganz neu an der Auseinandersetzung ist das Mitreden eines hohen Amtsträgers der römisch-katholischen Kirche. Konnte man das im Juli 2005 mit Kardinal Schönborns Artikel in der New York Times noch als ephemer abtun, so sollte es seit Papst Benedikts Regensburger Vorlesung nicht länger verwundern. Man darf auf Schönborns Werk gespannt sein und noch mehr auf eine "vernünftige" Diskussion, die aus dem Dunstkreis fundamentalistischer unvernünftiger Argumentation herausführen möge, die Schönborn im Theoriengebäude der Evolutionslehre ausgespäht haben will.

Dr. Hilde Nittinger, Stuttgart

 

 

Zu: "Es gibt nichts zu feiern" von Karl Albrecht Schachtschneider, JF 13/07

Zuviel Falsches gefeiert

Diesen Beitrag habe ich als eine originelle Mischung aus Polemik, Satire und brillanter, erhellender Kritik gelesen. So war es wohl auch gemeint. Der einzige Haken dabei war die Überschrift: "Es gibt nichts zu feiern". Hätte der Titel nicht eher lauten müssen: Zuviel Falsches gefeiert? Eine differenzierte Wahrnehmung der Realitäten sollte in diesem Falle schon in der Überschrift anklingen.

Rolf-Alexander Thieke, Berlin

 

 

Zum Thema Familienpolitik

Klassische Familie schützen

Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz Kardinal Wetter hat recht, wenn er die Wichtigkeit von Ehe und Familie als Kernzellen unserer Gesellschaft hervorhebt. Gerade vor dem Hintergrund des Vorstoßes der Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zum Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder darf nicht aus dem Blickfeld geraten, daß die elterliche Erziehung für das Kind noch immer die beste aller Alternativen ist.

Zwar ist der Schritt von Frau von der Leyen richtig, das Angebot der Kinderbetreuung für berufstätige Mütter zu erweitern. Die Industrie ruft ja auch nach gut ausgebildeten weiblichen Arbeitskräften, die der Berufswelt fehlen würden. Das alleine kann jedoch kein Grund sein, daß die Politik dem Ruf der Wirtschaft folgt.

In einer Zeit, in der die Bedeutung der Familie in der öffentlichen Diskussion immer weiter abnimmt und urbane Lebensentwürfe immer mehr zum Vorbild auch für die Politik herangezogen werden, muß alles getan werden, um die klassische Familie im herkömmlichen Sinne zu schützen. Die gibt ihr Kind meist nicht in eine Fremdbetreuung, sondern ein Elternteil übernimmt die Erziehung des Kindes.

Alexander von Wrese, Bundesvorsitzender Junge CDA, Mülheim/Ruhr

 

 

Zu: "Mama, gib mir eine Chance!" von Anni Mursula, JF 12/07

Politik muß Konsequenz ziehen

Daß Sie einen ganzseitigen Bericht über das Lebenszentrum in München bringen, finde ich ausgezeichnet. Über die verdienstvolle und mühsame Arbeit dieser Lebensschützer erfährt die Öffentlichkeit viel zu wenig. Es ist eigentlich traurig, daß nicht ein Sturm der Entrüstung unsere Politiker nötigt, aus diesen bestürzenden Abtreibungszahlen die vom Bundesgerichtshof schon längst gebotene Konsequenz zu ziehen und die schandbaren permissiven Gesetzte zu revidieren.

Dr. med. Joachim Mende, Treysa

 

Nicht der späteste Zeitpunkt

Danke für diesen schönen Beitrag! Leider muß ich ein kleines Detail korrigieren: Die zwölfte Woche ist eben leider nicht "der späteste Zeitpunkt für eine (straffreie) Abtreibung". Bei der sogenannten "medizinischen Indikation" kann nach geltendem "Recht" bis unmittelbar vor der Geburt "abgetrieben" werden, und das nicht nur straffrei, sondern "rechtmäßig". Und damit sind nicht nur Fälle gemeint, bei denen das Leben der Mutter unmittelbar bedroht ist; schon eine zu große psychische Belastung kann für diese Indikation im Einzelfall ausreichen.

Was für eine Heuchelei und Inkonsequenz, wenn angesichts dessen die Tötung Neugeborener und Kleinkinder von der Gesellschaft voller Abscheu verurteilt wird. 

Daniel Specht, Mainz

 

 

Zu: "Distanz muß erlaubt sein" von Doris Neujahr, JF 12/07

Welch eine Illusion

Die journalistisch brillanten Artikel von Doris Neujahr zu lesen, ist immer ein Genuß. Der positiven Verortung von Heinz Galinski muß ich aber (ungern) widersprechen. Ich habe ihn seinerzeit im Gegenteil als ersten Scharfmacher empfunden, der keine Gelegenheit ausließ, um seine Philippiken und vorwurfsgeladenen Sentenzen unterzubringen, die denen der heutigen Vertreter in nichts nachstehen - weit entfernt von irgendwelcher mutmaßlicher preußisch-deutschen Haltung.

Nach seinem Tod war mein erster, spontaner Hoffnungsgedanke - horribile dictu -, daß der Zentralrat nun zur Normalität zurückfinden würde. Welch eine Illusion! Wenn Galinskis Tochter von der rigiden, unversöhnlichen Haltung ihres Vaters sich abgewendet hat, genießt sie meinen hohen Respekt.

Prof. Dr. Roland Bitsch, Gießen

 

 

Zur Klimapolitik

Widerstand ist sinnvoll

Die Klimahysterie hat sich - eifrig angeheizt von der buchstäblich überwältigendenden Mehrheit der Medien und praktisch aller Politiker - zu einer fast globalen, zumindest aber europaweiten und nationalen Massenneurose entwickelt, in der Stimmen der Vernunft keine Chance mehr haben, gehört zu werden.

Um so verdienstvoller ist es deshalb, wenn die JF sich nicht an diesem Hexenjagd beteiligt, sondern die Dinge auf den richtigen Punkt bringt. Offensichtlich soll, wie das bei der Political Correctness längst der Fall ist, nun auch bei der "Ecological Correctness" jeder Versuch, eine andere Meinung zu äußern, unter Verdacht gestellt und damit eine freie Diskussion unmöglich gemacht werden.

Aber Widerstand ist sinnvoll. Man denke an Sigmund Freuds Äußerung: "Die Stimme der Vernunft ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat. Endlich, nach unzählig oft wiederholten Abweisungen, findet sie es doch."

Gert Ziegler, München

 

Gesinnungsterror

Prof. Dr. Schwägerl schreibt in seinem Leserbrief (JF 13/07): "Schließlich ist es gerade wegen der Widerlichkeit der Political Correctness eine bodenlose Frechheit, verantwortungsbewußte Haltung als 'Ecological Correctness' verächtlich machen zu wollen". Nein! Die Widerlichkeit besteht ja gerade darin, daß der Klimaterror im Mantel der Political Correctness auftritt. Wissenschaftler und Politiker in einen Klimatopf zu werfen, zeugt nicht von Unkenntnis wissenschaftlicher Arbeit, sondern von Realitätssinn und Scharfsinn für wissenschaftlich-akademische Korruption und Gesinnungsterror.

Peter Bergmann, Taufkirchen

 

 

Zum Schwerpunkt Flucht, JF 12/07

Ein einziger Hohn

Als Opfer von Flucht und Vertreibung aus Schlesien 1945-1946 haben mich die fünf Leserbriefe über die Beurteilung des letzthin vom Fernsehen gebrachten Zweiteilers über die Flucht aus Ostpreußen sehr angesprochen. Der Film dagegen ist ein einziger Hohn über das unsägliche Leid, das deutsche Menschen in den letzten Kriegsmonaten erleiden mußten.

Die Flucht aus Schlesien Februar 1945, die Rückkehr vom letzten Zipfel der Tschechei, alles zu Fuß, die ausbrechenden Seuchen, der ständige Hunger, die Angst vor Vergewaltigungen, die niederschmetternde Erkenntnis, daß in der Heimat nun ein anderes Volk das Sagen hat, die Vertreibung daraus in Viehwagen gepfercht - das haben wir alles verdient? Wie lange hat unser geschlagenes Volk zu schweigen? Wo bleibt ein Friedensvertrag, um endlich als gleichberechtigtes Mitglied in Europa seine Rechte einzufordern?

Gertrud Bell, Nürnberg

 

Zu: "Richter entscheiden gegen 'Unwürdigkeitsklausel'" von Klaus Peter Krause, JF 12/07

Was ihnen blühen würde

Für viele Zwangsarbeiter war es das Beste, was ihnen passieren konnte, wenn sie im Krieg auf einem Gut arbeiten mußten. Es gibt zahlreiche Berichte darüber, daß sie sich beim Einmarsch der Sowjets 1945 auf Grund der zuvorigen guten Behandlung loyal zu ihrer "Herrschaft" verhielten. Viele, die die russische Sprache verstanden, warnten vor beabsichtigten Verhaftungen beziehungsweise gingen mit auf die Trecks in Richtung Westen. Sie ahnten, was ihnen im Falle einer Internierung seitens der Schergen Stalins blühen würde.

Jürgen Gruhle, Nauendorf

 

 

Zur Karikatur: "Arche 2050", JF 11/07

Kadaver Erde

Selten hat mich eine Zeichnung Ihres Karikaturisten so nachdenklich gemacht wie die zur "Arche 2050". Machtgeilheit, Neid und Heuchelei beherrschen das menschliche Leben. Seit Jahrhunderten hat er damit sich und die Natur ruiniert. Das fromme Postulat, der Mensch mache sich die Erde untertan, ist der bitteren Erkenntnis gewichen, daß der Mensch die Made ist, die den Kadaver Erde auffrißt.

Solange international die größten Umweltverpester nicht dringend in ein Programm wie das Kyoto-Protokoll eingebunden werden, kann der Verdacht einer einseitigen Bevorteilung der amerikanischen Industrie durch Einsparung von Milliarden­investitionen nicht ausgeschlossen werden. Zweifellos werden durch eine solche ungleiche Gewichtung die europäischen Industriestaaten erheblich benachteiligt: ein Spiel mit gezinkten Karten.

Wie wäre es, wenn Angela Merkel bei ihren zahlreichen Schäferstündchen mit George W. Bush endlich einmal ein neues Spiel im globalen Geschäft einfordern würde - ein Spiel ohne gezinkte Karten. Aber dazu braucht man Politiker von Format. Wir haben nur Frau Merkel.

Hardo Obergefell, Duisburg

 

 

Zu: "Trost und Trotz" von (JF), JF 11/07

Ein Dorn im Auge

Paul Gerhardts tapfere, mit persönlichen Opfern verbundene Ablehnung des Calvinismus als unchristlich ist nur allzu berechtigt, denn diese Lehre stellt mit Hilfe der Bibel das Christentum auf den Kopf, jedenfalls so wie wir es verstehen. Im Zuge der allumfassenden Amerikanisierung macht sie sich aber auch bei uns breit. Jedesmal wenn ich einen Jugendlichen voll Verachtung sagen höre, dieser oder jener sei ein Verlierer, gibt es mir einen Stich, denn eigentlich müßte ein Christ für diejenigen, die auf der Verliererseite stehen, besonders viel Sympathie aufbringen.

Daß dies in calvinistisch geprägten Ländern nicht so ist, kommt von der Prädestinationslehre, die im Calvinismus eine besonders bedeutsame, ja zentrale Rolle spielt. Sie besagt, daß Gott in seiner Allmacht das Leben jedes Menschen in der Hand hat. Erfolg ist demnach ein sichtbares Zeichen von Gottes Gnade, Mißerfolg von Gottes Zorn. Wer also arm, krank, behindert oder sonstwie benachteiligt ist, den hat Gott geschlagen. Praktizierte Barmherzigkeit ist im calvinistischen Denken Privatsache, private Zierde. Solche Ansichten findet man auch hierzulande, leider noch viel mehr das Gegenteil, das übertriebene Befürsorgen, das von Eigenverantwortung nichts wissen will.

Der religiöse Urgrund hat enorme Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen. Im 19. Jahrhundert hat vor allem Max Weber den wirtschaftlichen und machtpolitischen Aufstieg Nordamerikas im Vergleich zum Zurückbleiben des katholischen Südamerika auf den Calvinismus zurückgeführt. Die Angst, vor aller Welt sichtbar zu den Verdammten zu gehören, führte zum protestantischen Arbeitsethos, die Vergötzung des Erfolgs zur Skrupellosigkeit in Wirtschaft (Manchester-Kapitalismus) und Politik. Bismarcks soziale Gesetzgebung war dem calvinistischen Establishment in Britannien und Amerika ein Dorn im Auge und schürte zusätzlich die Wut auf das neugegründete Deutsche Reich, das als plötzlich aufgetauchter Machtfaktor die imperialen Kreise Anglo-Amerikas ohnehin störte.

Dr. Reinhard Böhler, Lauf

 

 

Zu: "Herrscher, nicht Hegemon" von Michael Wiesberg, JF 10/07

Europa ist hoffnungslos

Die Deutschen aller politischen Lager scheinen mir bestens zu der Politik zu passen, die in den USA von der Demokratischen Partei vertreten wird. Beide, Deutsche wie US-Demokraten, lieben das, was wir Amerikaner "armchair quarterbacking" nennen: Sie machen es sich auf dem heimischen Sofa bequem, weit entfernt von jeglicher politischen Verantwortung, und kritisieren eifrig andere, die handeln. Selbst aber sind sie weit davon entfernt, eigene Gedanken und Lösungswege zu entwickeln, geschweige denn Verantwortung zu übernehmen.

Unabhängig davon, ob die Deutschen George W. Bush und seine Regierung zu Recht kritisieren oder nicht: Noch nie habe ich je von einem Deutschen gehört, wie denn eine verantwortungsvolle Politik in der Welt aussehen müßte - im Irak, in Afghanistan oder anderswo.

Die Deutschen, ja die Europäer überhaupt, haben ein großes Problem: Sie sind glücklich, solange es ihnen gutgeht, solange sie wirtschaftlich erfolgreich sind. Was zählt, ist immer nur der Augenblick. Doch wenn China erst einmal nach der Weltmacht greift, dann wird das sehr viel schlimmer werden, als die Bush-Regierung jemals sein könnte. Aber ich bin sicher, die Europäer werden auch dann einen Weg finden, China zu lieben und die USA zu hassen. Europa ist hoffnungslos.

Wade M. Seaver, Saginaw/Michigan


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