© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

Im Treibhaus des Bösen
Neu auf DVD: "Unter Wasser stirbt man nicht"
Werner Olles

Die Detektiv-Filme der siebziger Jahre entsprangen einer verbreiteten Verzweiflung an der kapitalistischen Gesellschaft und ihrem kriminellen Beiwerk, deren umfassende Krise in der Figur des zynisch und hart gewordenen Privatdetektivs exemplarisch zum Ausdruck kam. Wie in Jack Smights "Harper" (Ein Fall für Harper, 1966) geht es auch in "The Drowning Pool" (Unter Wasser stirbt man nicht, 1975), der zweiten Hollywood-Adaption eines Kriminalromans von Ross MacDonald mit Paul Newman in der Rolle des Lew Harper, um steinreiche, aber totkranke Familien, politische Verbrechen und um zerstörte Träume von Ruhm und Reichtum.

Bei der Erledigung eines zunächst harmlos erscheinenden Auftrags einer Lady aus der "High-Society" - Harper soll einen entlassenen Chauffeur suchen - gerät der Privatdetektiv unversehens in einen schier unüberblickbaren Sumpf aus Intrigen, Unmoral und Verbrechen. In diesem Treibhaus des Bösen, in dem die Polizisten korrupt sind und die Gangster scheinbar alle eine weiße Weste haben, wirkt Harper wie ein Fremdkörper. Mit der Hartnäckigkeit des professionellen Schnüfflers durchstreift er zwielichtige Nachtlokale, billige Mietwohnungen und dunkle Gassen und trifft dabei immer wieder auf attraktive Damen, die ihm Schwierigkeiten bereiten.

Rosenbergs weitgehend textgetreue Verfilmung des Romans übertrifft sogar die Buchvorlage, indem er intelligent eingesetzte Bildsymbole inmitten der stimmungsvoll düsteren Romantik auf den Zuschauer wirken läßt: der verstaubte Geräteschuppen im Garten einer Luxusvilla, das wütende Gebell der Hunde in einem Zwinger, die Familie, verkörpert durch die liebeshungrige Iris Deveraux (Joanne Woodward), sowie deren Mutter und Tochter, ein Trio, hinter dessen wohlanständiger Fassade sich mörderischer Haß und die grenzenlose Sucht nach Selbstzerfleischung verbergen, das junge Mädchen (Melanie Griffith), das schließlich zur Mörderin seiner Mutter und Großmutter wird.

Doch hinter dem vordergründigen Kriminalfall lugt - je mehr man das Geflecht der ein wenig verworrenen Geschichte durchdringt - noch etwas ganz anderes hervor: eine pessimistische Weltschau, die das Böse im Menschen als eine infektiöse Krankheit und das Verbrechen als deren Symptom begreift. Jenseits der gnadenlosen Abrechnungen in schäbigen Kneipen und Motels und auf dem nassen Asphalt einsamer Straßen öffnet sich vor dem Detektiv ein Abgrund aus Habgier, Verworfenheit und Gewalt.

In dem angesehenen Drahtzieher, der sich seine Opfer mit Erpressung und Bestechung gefügig macht, um in den Besitz eines Grundstücks mit reichen Ölvorkommen zu gelangen, wird die endgültige Verbürgerlichung des Verbrechens offenbar. Und Harper, dieser lebende Anachronismus, übersteht gerade noch einmal den fast sicheren Tod durch Ertrinken in einer hermetisch abgeschlossenen Badekammer; übrigens eine der atemberaubendsten Szenen des Films, die nicht von ungefähr an eine ähnliche Sequenz in Fritz Langs Klassiker "Das Testament des Dr. Mabuse" erinnert.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen