© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/07 23. März 2007

Frisch gepresst

Katholische Soziallehre. Sozialpolitisch relevante "Solidarität", so ließ sich Norbert Blüm gern vernehmen, habe viel mehr mit der christlichen als mit der sozialistischen Tradition zu tun. Am Ende der Amtszeit dieses christdemokratischen Bundesarbeitsministers stand dann zwar nur fest, daß wenigstens seine Rente sicher sein würde. Aber ungeachtet soviel gelebter Unsolidarität vermittelte Blüm doch die Ahnung von einem christlich-katholischen Anti-Kapitalismus, der zuletzt in der Weimarer Republik in voller Blüte stand. Mit dem 1890 geborenen Oswald von Nell-Breuning, der maßgeblich an der Enzyklika "Quadragesimo anno" (1932) mitarbeitete und der 1991 starb, konnte Blüm sogar auf ein lebendes Monument aus jener Glanzzeit des katholischen Solidarismus verweisen. Aber für Felix Dirsch schlug Nell-Breunings Langlebigkeit zum Nachteil aus, gestattete sie ihm doch keine tiefgehende Untersuchung wegen "der Sperrfrist" der dafür "nötigen Dokumente". Diesem Desiderat zum Trotz wirkt seine an der Münchener Jesuiten-Hochschule eingereichte Dissertation über "Solidarismus und Sozialethik" (Ansätze zur Neuinterpretation einer modernen Strömung der katholischen Sozialphilosophie. LIT Verlag, Münster 2006, 456 Seiten, broschiert, 39,90 Euro) geradezu "erschöpfend". Denn Dirsch holt weit aus, erhellt die "Gründerzeit" sozialphilosophischen Denkens um 1900 mit Stammler, Simmel und Durkheim, geht dann auf die Ursprünge des Solidarismus im 19. Jahrhundert zurück und rekonstruiert die Diskussionen über das "alteuropäische" Verhältnis des Individuums zur Gemeinschaft, wie sie in den zwanziger Jahren von heute Vergessenen wie Heinrich Pesch und Gustav Gundlach geführt wurden, während Max Scheler, Dietrich von Hildebrand und erst recht Theodor Steinbüchel bei ihm eher zu Randfiguren herabsinken.

Moslems in Europa. Wer sind die Drahtzieher? Unter dieser ebenso journalistischen wie allerdings auch weltverschwörerischen Frage wendet sich der frühere FAZ-Journalist und vielgefragte Islam- bzw. Terrorexperte Udo Ulfkotte der Gefährdung des Westens durch islamistische Fanatiker zu. Obwohl seine gut belegte und fesselnd geschriebene Analyse der Muslimbruderschaft und ihrer Absicht einer Unterwanderung und schließlich Islamisierung der europäischen Gesellschaft dem Leser die Haare zu Berge stehen läßt, will man seinem Schluß, unsere gebärfreudigen Parallelgesellschaften mitsamt der Multikulti-Ideologie könnten Teil eines "Masterplans" von außen sein, nun doch nicht so recht folgen. Nicht nur die Heterogenität des "Euro-Islam", sondern vielmehr die hiesigen Apologeten und Weichensteller weisen doch eher auf ein hausgemachtes Problem hin (Heiliger Krieg in Europa. Wie die radiklae Muslimbruderschaft unsere Gesellschaft bedroht. Eichborn Verlag, Frankfurt 2007, gebunden, 303 Seiten, 19,90 Euro).


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