© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/07 23. März 2007

Anleihen aus dem Varieté
Oper: McVicars "Rheingold"
Andreas Strittmatter

In den Dunstkreis der Opern inszenierenden "Britpopper" rückt Manuel Brug, zuständig fürs Musiktheater bei der Welt, David McVicar. In seinem letztjährig erschienenen Buch "Opernregisseure heute" erzählt Brug außerdem von einer "Zauberflöte" des englischen Theatermanns in Covent Garden, "eine märchenbunte, sich ganz auf wild wuchernden Ausstattungszauber verlassende" Inszenierung. Überhört man den leichten Tadel, der in diesen Worten mitschwingt, so taugen sie auch für McVicars "Rheingold" in Straßburg, welches kürzlich den Auftakt zum "Ring des Nibelungen" an der Opéra National du Rhin abgab. McVicar verläßt sich keineswegs allein auf die Ausstattung, aber etwas Märchen- und Zauberhaftes wohnt seiner Arbeit inne. Mit seiner Bühnen- und Kostümbildnerin Rae Smith brachte der Regisseur auch entsprechend viel Farbe auf die Bühne.

Vor den "Rheingold"-Proben muß sich McVicar im Museum umgeschaut haben, zumindest in den Abteilungen Ur- und Frühgeschichte und Völkerkunde. Und er muß im Varieté gewesen sein. So ist sein Rheingold kein schimmerndes Etwas, sondern ein in goldenes Licht getauchter Akrobat, der sich am Vertikalseil auf die Bühne hangelt. Seine Götter scheinen aus einer ganzen Phalanx religiöser Traditionen zusammengetrommelt, was nicht zuletzt durch die Präsenz archaischer Masken diverser Provenienzen unterstrichen wird. Hinter solch opulenten Bilderbögen steckt jedoch gerade kein Opernpop, sondern der Versuch, die Universalität des Mythos über die Grenzen der Kulturen hinweg sichtbar werden zu lassen. Denn ähnlich dem jüngst vollendeten Karlsruher "Ring" scheint die Neuproduktion in Straßburg ohne einen aktualisierenden Überbau auszukommen.

Noch etwas hat dieses "Rheingold" mit Karlsruhe gemein: Musikalisch beherrschen junge Stimmen die Szene, was oft, aber nicht immer überzeugt. Für den Loge von Wolfgang Ablinger-Sperrhacke dürften sich künftig immerhin auch größere Bühnen interessieren. Souverän, wenn auch nicht ganz ausgefeilt, nahm sich das Orchestre philharmonique de Strasbourg der Partitur an, wobei Günter Neuholds eher episches Dirigat einiges an Spannungspotential verschenkte.


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