© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/07 16. März 2007

Carl Schmitt darf nicht fehlen
Konservative Publizistik: Die dänische Zeitschrift "Nomos" erinnert an "Criticón" zu besten Zeiten
Sabrina Moritz

Selbstgefällige deutsche Konservative blicken gerne mit Verachtung auf unsere nordischen Nachbarn, bei denen man nur liberale Konsenspolitik und ein Ausbleiben harter Entscheidungen vermutet. Das ist freilich nur eine Seite der Medaille. Von Skandinavien kann man auch einiges lernen; etwa von der dortigen Linken, die eine lange nationale Tradition besitzt und seit Jahrzehnten die treibende Kraft der Volksbewegungen gegen die Europäische Union ist. Und es gibt eine konservative Szene, die aus deutscher Sicht oft unterschätzt wird.

Seit April 2003 erscheint in der Kopenhagener Vorstadt Frederiksberg die rechtskonservative Zeitschrift Nomos. Das Blatt, das in der Aufmachung an das deutsche Criticón der siebziger Jahre erinnert, versteht sich als abendländische Zeitschrift und will eine Plattform für konservative Debatten bieten. Daneben sieht sie sich in der skandinavischen Tradition der Volksbildung, will historisch informieren und politisch wertvolle Texte in Übersetzungen den dänischen Lesern einfacher zugänglich machen. So gab es in der ersten Ausgabe 2003 gleich als Aufmacher "Tiltagende bukkesang"; Kenner dürften die erste autorisierte Übersetzung des "Anschwellenden Bocksgesangs" von Botho Strauß ins Dänische erkannt haben. In der ersten Ausgabe des Jahres 2004 lieferte Søren Fauth, der gegenwärtig Schopenhauers "Welt als Wille und Vorstellung" für den renommierten Kopenhagener Verlag Gyldendal übersetzt, einen kundigen Essay über Botho Strauß, das "neokonservative enfant terrible der deutschen Literatur".

Auch andere Bekannte findet der deutsche Leser in Nomos wieder, so in der ersten Ausgabe von 2005 die dänische Erstübersetzung des "Manifestes der Neuen Rechten für das Jahr 2000" von Alain de Benoist und Charles Champetier. In der aktuellen Ausgabe vom November 2006 liegt erstmals ein Text von Samuel Huntington über mexikanische Einwanderung in die USA in dänischer Übersetzung vor. Und bei dem Titel "Nomos" darf auch Carl Schmitt nicht fehlen; der schwedische Philosoph Theo Hartmann schreibt in derselben Ausgabe über den Partisanen, "Carl Schmitts Schlüsselfigur und den internationalen Terrorismus".

Nomos beschränkt sich freilich nicht auf Übersetzungen; ein gelungenes Beispiel ist die Ausgabe vom Dezember 2005, die einen thematischen Schwerpunkt in der Partei der "radikalen Linken" (Radikale Venstre) hat. Dabei handelt es sich nicht um eine linksradikale, sondern eine traditionsreiche linksliberale Partei im dänischen Spektrum, die historisch am ehesten mit der DDP der Weimarer Republik verglichen werden kann und wie viele Liberale auch nationale Wurzeln hat, etwa in der Nordschleswigpolitik. Nomos widmet sich der Partei nicht unkritisch, aber kenntnisreich und mit Respekt.

Ursprünglich war die auflagenstarke dänische Boulevardzeitung Ekstra-Bladet ein Hausblatt der Radikalliberalen. Mit dieser Zeitung liefert sich Nomos seit einiger Zeit einen Kleinkrieg. Ekstra-Bladet ist eine sogar für dänische Verhältnisse ausgesprochen freizügige Tageszeitung, Der dänische Regisseur Lars von Trier drehte Ende der achtziger Jahre eine Kinoreklame, die mehr über diese Zeitschrift sagt als viele Worte: Ein eregiertes Glied wird in einer zusammengerollten Zeitung versteckt, dazu der Text: "Zum Glück gibt's Ekstra-Bladet."

Wie deutsche Boulevardzeitungen auch stand Ekstra-Bladet oft im Zielfeuer intellektueller oder feministischer Kritik, und wie ihre deutschen Kollegen versucht die Redaktion seit einiger Zeit, sich Wohlwollen durch betont fortschrittliche Positionen zu erkaufen. Vor dem Hintergrund, daß sich einige ehemalige Mitglieder von Pia Kjærsgårds Dänischer Volkspartei unter den Mitarbeitern von Nomos befinden, hat Ekstra-Bladet nicht nur Nomos als rechtsradikal bezeichnet, sondern gleich eine überzeugende Begründung mitgeliefert: Der Rechtsradikalismus sei bereits am Titel "Nomos" zu erkennen.

Leider hatte sich Ekstra-Bladet nicht die Mühe gemacht, verhältnismäßig anspruchsvoll Bezüge zu Carl Schmitt und seinem (aus dänischer Sicht beängstigenden) Großraumdenken herzustellen, sondern mangelnde Griechischkenntnisse offenbart. "Nomos" bedeute, so die Kopenhagener Boulevardzeitung, eigentlich "NoMus", ein Kürzel für "No Muslims". Im August 2006 mußte Ekstra-Badet diese Vorwürfe fallenlassen. Auch dem Boulevardjournalisten kann das Graecum nützlich sein. Und Nomos freute sich über kostenlose Werbung.

Foto: "Nomos"-Titel

Nomos erscheint zweimal jährlich. Die Einzelausgabe kostet 125 dkr., das Jahresabonnement 220 dkr. Kontakt: Morten Uhrskov Jensen, Finsensvej 6 B, DK- 2000 Frederiksberg, Internet: www.nomos-dk.dk.


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