© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/07 09. März 2007

Der Sturm der Entrüstung ist ausgeblieben
Islam: Neugegründeter Zentralrat der Ex-Muslime fordert von Politikern ein Ende der "falschen Toleranz" / Islamische Organisationen reagieren zurückhaltend
Marcus Schmidt

Damit hatten die Gründer des Zentralrats der Ex-Muslime sicher nicht gerechnet. Dabei war alles generalstabsmäßig vorbereitet: Die gesamte Hauptstadtpresse war zur Präsentation geladen, die Berliner Polizei und das Bundeskriminalamt sorgten für Sicherheit. Und bereits zwei Wochen zuvor hatte ein geschickt plazierter Bericht im Focus die Öffentlichkeit neugierig gemacht.

Dennoch blieb es nach der Vorstellung des Zentralrats in der vergangenen Woche erstaunlich ruhig, für den Zentralrat vermutlich zu ruhig. Zwar berichteten zahlreiche Zeitungen über die Gründung der Organisation, mit der sich ehemalige Moslems dazu bekennen, daß sie sich von ihrer Religion losgesagt haben. Die eigentlichen Adressaten jedoch, die islamischen Organisationen in Deutschland wie etwa der Zentralrat der Muslime bleiben weitgehend in der Deckung: Keine empörten Demonstrationen oder gar Mordaufrufe sorgten für die vermutlich erwünschten Schlagzeilen. Mit dieser verhaltenen Reaktion dürften die Organisationen das Ziel der Zentralratsgründer um die Vorsitzende Mina Ahadi und ihre Stellvertreterin Arzu Toker geschickt unterlaufen haben. Denn sie suchen die Provokation. Nur auf diesem Wege könne man sich Gehör verschaffen, sagte Ahadi.

Die Provokation ist für die Ex-Moslems allerdings kein Selbstzweck. Die Initiatoren wollen auf diesem Weg die deutsche Öffentlichkeit aufrütteln und vor den Gefahren des Islam warnen. Der Politik in Deutschland werfen sie eine "falsche Toleranz" vor, die etwa in der von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufenen Islamkonferenz zum Ausdruck komme. Vor allem aber bestreiten sie den islamischen Organisationen das Recht, für alle etwa 3,5 Millionen in Deutschland lebenden Moslems zu sprechen. Bei weitem nicht alle seien tatsächlich auch religiös.

Die Organisation richtet sich aber nicht alleine gegen den politischen Islam und seine Vertreter, sondern steht den Religionen insgesamt skeptisch gegenüber. Nicht zufällig hat die religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung dem Zentralrat tatkräftige Geburtshilfe geleistet. Deren Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon bezeichnet denn auch den Zentralrat der Ex-Muslime als eine gelungene "Kampagne".

Trotz der gemäßigten Reaktionen der islamischen Organisationen ist der öffentliche "Abfall" vom Islam für die bislang 120 Mitglieder des Zentralrates alles andere als ungefährlich. Wer sich vom Islam abwendet, darf nach islamischem Recht getötet werden. Mina Ahadi steht bereits seit einigen Wochen unter Polizeischutz.

Der Zentralrat der Ex-Muslime im Internet: www.ex-muslime.de


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