© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/07 02. März 2007

Eine Frage der Fairneß
Studie: Der Politologe Ralf Grünke untersucht den Umgang der Parteien mit den Republikanern und stellt erhebliche Regelverstöße fest
Eike Erdel

Aufstieg und Fall der Republikaner sind eng verknüpft mit den Angriffen ihrer politischen Gegner. Der Erlanger Politologe Ralf Grünke widmet sich nun in seiner Untersuchung „Geheiligte Mittel? Der Umgang von CDU/CSU und SPD mit den Republikanern“ der Frage, inwieweit die Parteien bei der Wahl ihrer Mittel im Umgang mit den Republikanern ihrer verfassungsgegebenen, wertebehafteten Zweck- und Rollenzuteilung gerecht werden.

Aus der Stellung der Parteien im Grundgesetz leitet Grünke vier grundlegende Verpflichtungen für Parteien in der Bundesrepublik her. Danach sollen Parteien verpflichtet sein, zwischen dem Bereich institutionalisierter Staatlichkeit und den Interessen des Bürgers zu vermitteln. Weiter verlangt er, daß im Handeln der Parteien eine Gemeinwohlorientierung erkennbar sein muß, die das Interesse der Gesellschaft sowie der demokratischen Grundordnung über den Willen zum kurzfristigen Erhalt oder Ausbau von Macht stellt.

Drittens habe sich das Agieren der Parteien an einer verantwortlichen Dauerhaftigkeit auszurichten. Schließlich sollen Parteien bei ihrer Argumentation Sachlichkeit und Fairneß an den Tag legen, was für die Kommunikation mit dem Wähler wie für den Umgang untereinander gelte.

Gerade der letztgenannten Anforderung kann aber nicht zugestimmt werden. Sie findet keine Grundlage im Grundgesetz und wird in der Staatsrechtswissenschaft nicht vertreten. Nach Artikel 21 Absatz 1 Grundgesetz wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie dürfen nicht die Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bezwecken.

Besondere Sachlichkeit und Fairneß im Umgang untereinander verlangt das Grundgesetz aber nicht von den Parteien. Die Verwirklichung einer solchen Anforderung ist in der politischen Praxis auch kaum vorstellbar.

Nach Auffassung des Autors haben CDU/CSU und SPD zeitweise die von ihm angenommene Verpflichtung zur Fairneß verletzt.

Grünke geht davon aus, daß als grundsätzliche Möglichkeiten des Umgangs mit einer unter Extremismusverdacht stehenden Partei Stigmatisierung, demokratische Abgrenzung und Verharmlosung in Betracht kommen. Die Stigmatisierung ist nach seiner Auffassung nicht zulässig, da sie die Forderung nach Sachlichkeit und Fairneß nicht erfüllt. Auch die Verharmlosung lehnt er ab, weil dadurch alle vier Anforderungen an die Parteien verletzt würden. Einzig die demokratische Abgrenzung entspreche in vollem Maße den oben genannten Anforderungen an die politischen Parteien.

Der Autor setzt sich mit dem Rechtsextremismus auseinander und prüft, ob und gegebenenfalls wann die Republikaner als rechtsextremistische Partei zu gelten haben. Dabei unterscheidet er zwischen den einzelnen Amtszeiten der drei Bundesvorsitzenden Franz Handlos (1983 bis 1985), Franz Schönhuber (1985 bis 1994) und Rolf Schlierer (seit 1994). Der Autor haftet dabei allerdings zu sehr an der Person des jeweiligen Vorsitzenden, ohne die eigentliche Entwicklung in der Partei zu untersuchen.

Das Verhältnis der Republikaner zum Rechtsextremismus untersucht Grünke anhand offizieller Stellungnahmen, Programme und Publikationen. Nach seiner Auffassung sind die Republikaner unter Franz Handlos keine rechtsextreme Partei gewesen. Dagegen habe Schönhuber die Partei dem Extremismus zugeführt, wobei er hervorhebt, daß damit die Gesamtpartei gemeint sei, nicht jedes einzelne Mitglied. Schwieriger sei dagegen die Einordnung der Partei unter Schlierer.

Kritik meist nur „oberflächliches Tralala“

Der Autor stellt die Bemühungen Schlierers fest, die Partei auf einen rechtskonservativen Kurs zu bringen, sieht aber auch eine starke innerparteiliche Opposition, welche die Einigung mit dem Rechtsextremismus herbeizuführen anstrebe. Er geht davon aus, daß spätestens nach 2002 Schlierers Anhänger die Mehrheit gewonnen haben, so daß er die Republikaner von da an als eine konservative Partei mit relevantem extremistischen Flügel charakterisiert.

In weiten Teilen der Studie beschäftigt sich der Autor damit, wie sich CDU/CSU und SPD und ihre Vertreter im Verlauf der Auseinandersetzungen über die Republikaner geäußert haben. Grünke hat sich hier zu eine möglichst umfassende Darstellung der Äußerungen entschlossen, die allerdings wegen der vielen sich ähnelnden Aussagen etwas langatmig wirkt.

Anhand seiner aufgestellten Kriterien sieht er gerade unter der Ära Franz Schönhuber unzulässige Verharmlosungen durch einige Unionspolitiker und unzulässige Stigmatisierungen hauptsächlich durch die Sozialdemokraten. Er kommt schließlich zu dem Ergebnis, die inhaltliche Kritik, die seitens der Volksparteien unmittelbar nach den Wahlerfolgen von 1989 gegen die Republikaner vorgebracht wurde, gehe oft über ein „oberflächliches Tralala nicht hinaus“.

Aus seiner Sicht folgerichtig stellt Grünke erhebliche Verstöße aller Parteien gegen das Gebot der Fairneß im Umgang mit den Republikanern fest. Den Republikanern rechnet er keine Chance mehr zu, sich als vertrauenswürdige rechtskonservative Parteialternative zu etablieren. Das hauptsächliche Verdienst dieser Arbeit ist – ihrer erwähnten Langatmigkeit zum Trotz – die umfassende Darstellung von Äußerungen der Volksparteien und ihrer Vertreter zu den Republikanern.

Foto: Franz Schönhuber (2000): Hat der langjährige Vorsitzende die Partei dem Extremismus zugeführt?

Ralf Grünke: Geheiligte Mittel? Der Umgang von CDU/CSU und SPD mit den Republikanern. Nomos Verlag, Baden-Baden 2006, 364 Seiten, broschiert, 48 Euro


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