© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

Schluß mit lustig
Universität Bochum: Gewalttätige Proteste gegen Studiengebühren / Eklat bei Stimmenauszählung zum Studentenparlament / RCDS verharmlost Übergriffe
Felix Krautkrämer

Blockierte Hörsäle, ausgepfiffene Rektoren, besetzte Universitätsgebäude, Polizeieinsätze auf dem Campus. Seitdem mehrere Bundesländer Studiengebühren eingeführt haben, hat der Protest linker Studentengruppen an Schärfe zugenommen. Nicht selten unter Zuhilfenahme von Gewalt: Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Beleidigung sind nur einige der Fälle, mit denen sich Polizei und Staatsanwaltschaft in manchen Universitätsstädten beschäftigen müssen.

Die Vorfälle laufen fast immer nach demselben Muster ab: Einige Studenten und sympathisierende "Autonome" besetzen ein Universitätsgebäude. Rektor und Universitätsverwaltung versuchen die Besetzer in oftmals monatelangen Verhandlungen zu einem freiwilligen Abzug zu bewegen - vergeblich. Irgendwann bleibt nur noch der Ruf nach der Polizei, die dann das Gebäude räumt. Besetzer, linke Hochschulgruppen und lokale Antifa sind entrüstet angesichts der "skandalösen Polizeieinsätze gegen friedliche Studierende". So auch in Bochum.

Hier hatten rund 100 Mitglieder eines "studentischen Protestkomitees" im Mai 2006 ein stillgelegtes Mensagebäude besetzt und die "Freie Universität Bochum" (FUB) ausgerufen, um "eine Alternative zur Kommerzialisierung hochschulischer Bildung zu schaffen". In den darauffolgenden Monaten entwickelte sich die FUB zu einer Ikone des deutschlandweiten Protestes gegen Studiengebühren. Man feierte sich im linksextremen Internetportal "indymedia", veranstaltete Partys und empfing Politiker der Linkspartei. Zeitungen wie taz und Junge Welt berichteten wohlwollend.

Universitätsrektor stellte Strafanzeige

Irgendwann ist aber auch die längste Feier zu ende und so rief Universitätsrektor Elmar Weiler nach über einem halben Jahr ergebnisloser Verhandlungen die Polizei, stellte Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und ließ das besetzte Mensagebäude am 31. Januar räumen. Die Empörung war groß. Von einem "politischen Skandal" sprach der linkslastige Asta. Die linke Tageszeitung Junge Welt empörte sich über die "Polizeigewalt" mit der die Besetzer "vertrieben" wurden.

In die aufgeheizte Stimmung fiel die Wahl zum Studentenparlament. Bei der Auszählung der Stimmen kam es zu einem Eklat. Als sich abzeichnete, daß die für die linken Gruppen "Alternative Liste" (AL), "Linke Liste" und "Grüne Hochschulgruppe" abgegebenen Stimmen zu einer Koalition nicht ausreichten, eskalierte die Situation. Mitglieder der Jungsozialisten (JUSOS)/Rubrosen sowie des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) wurden mit Wasserbomben und Flaschen beworfen, vereinzelt flogen sogar die Fäuste. Erst die herbeigerufene Polizei konnte die Situation entspannen. Der Pressesprecher der Polizei Bochum, Michael Bloch, bestätigte den Einsatz gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. "Es war nicht schlecht, daß wir da waren", sagte Bloch. Die Präsenz der Beamten vor Ort habe möglicherweise eine abschreckende Wirkung gehabt.

Keine Einladung zu Koalitionsgesprächen

Wer daraufhin allerdings Entrüstung auf seiten der Geschädigten erwartete, irrte sich. Auf der Internetpräsenz des RCDS ist lediglich von einem Beispiel für den "undemokratischen Geist" der "FUB-Sympathisanten" die Rede. Ein Mitglied des RCDS Bochum, das die Polizei gerufen hatte und später Strafanzeige wegen Beleidigung und versuchter Körperverletzung stellte, wurde dafür aus den eigenen Reihen kritisiert. Aus Protest gegen ein solches Verhalten erklärte er daraufhin seinen Austritt. Gegenüber der JF begründete er das Stillschweigen seiner ehemaligen Kollegen damit, daß diese sich wohl auf "lange Sicht keinen Ärger mit den Extremisten einhandeln" wollten. Außerdem hoffe man insgeheim auf eine Koalition mit den Rubrosen, die als stärkste Liste aus den Wahlen hervorgingen. Da sei ein zu starker Protest gegen links eher schädlich.

Ob die Rubrosen überhaupt zu einem Bündnis mit dem RCDS bereit sind, ist eher fraglich. Zu den Koalitionsgesprächen wurde offiziell keine Vertreter des RCDS eingeladen. Und auch mit der LHG werde man nur verhandeln, wenn diese sich glaubwürdig "von dem Vorwurf der Burschenschaftsnähe" distanziere.

Der ehemalige Bochumer Asta-Vorsitzende Kolja Schmidt (Rubrosen), der laut dem RCDS selbst "tätlich angegriffen und auf dem Boden liegend getreten" wurde, war zu einer Stellungnahme gegenüber dieser Zeitung nicht bereit. Auch über etwaige Koalitionsabsichten der Rubrosen wollte sich Schmidt nicht äußern.


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