© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/07 19. Januar 2007

WIRTSCHAFT
Die verschmähte ökonomische Vernunft
Klaus Peter Krause

Sie sind beratungsresistent. Hierzulande oft zu hören, resignierend gemeint, gemünzt auf Regierung, Parlament, Parteien, Politiker. Das Wort beruht auf Erfahrung und trifft besonders auf ökonomischen Rat für die Wirtschafts- und Sozialpolitik zu. Ein Beispiel dafür sind die Empfehlungen der "Wirtschaftsweisen". Nicht anders geht es den wissenschaftlichen Beiräten in den Ministerien und den von der Politik in Auftrag gegebenen Gutachten, die alle Geld kosten und trotzdem unbeachtet bleiben - es sei denn, sie bestätigen im Ergebnis, was die Politik wünscht und durch gleichgesinnte Berater vorgeprägt wurde.

Die unmittelbare Folge ist: Frust auf seiten der Ökonomen, arroganter Schmäh auf seiten der Politik mit dem Gemurmel "neoliberales Zeug, fern der politischen Realität, Elfenbeinturm". Die mittelbare Folge ist: Wirkliche Reformen bleiben aus, Land und Gesellschaft treiben auf dem Weg ihres Niedergangs weiter. Eine wie jetzt wiederbelebte Konjunktur, mit der sich die Politik sogar brüstet, als sei sie auf ihrem Mist gewachsen, und Wohlfühl-Stimmungsmache verschleiern den Niedergang nur. Zwischen dem, was die ökonomische Vernunft gebietet, und dem, was Politiker für opportun halten, um gewählt zu werden, liegen Welten. Was bloß sollen die Ökonomen tun, um durchzudringen und weiteren politisch bedingten Schaden von Land und Volk abzuwenden? Ein Ratschlag lautet, sich ans Volk direkt wenden, ihm die ökonomischen Erkenntnisse zugänglicher machen; was dem Wahlvolk einleuchte, werde dann auch seine Politiker erhellen. Aber dazu gibt es für die Ökonomenzunft (noch) keine Anreize. Daher muß sie sich wohl weiterhin mit der Annahme bescheiden, daß alles noch viel schlimmer wäre, wenn es sie nicht gäbe.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen