© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/07 19. Januar 2007

Buntes Sammelsurium
Rechte Parteien: Zwischen Union und NPD / Trend zur Regionalisierung setzt sich fort / Eine Momentaufnahme
Marcus Schmidt

Die Maxime von CDU und CSU, rechts von der Union dürfe es in Deutschland keine Partei geben, liegt wie ein Fluch auf jedem Versuch, in der Bundesrepublik eine konservative beziehungsweise rechte Alternative zu etablieren. Bislang sind alle Bemühungen um Verstetigung gescheitert: sei es unter dem Trommelfeuer des politischen Gegners und der Öffentlichkeit oder - nicht weniger häufig - durch eigenes Unvermögen, Zank und Streit.

Dennoch gibt es nach wie vor eine ganze Reihe von Parteien, die sich rechts von der Union positioniert haben und mit wechselndem Erfolg um Wähler werben. Da sie, wenn überhaupt, Erfolge zumeist auf kommunaler Ebene erlangen, bleibt die Breitenwirkung in der Regel aus - abgesehen von einigen wenigen spektakulären Erfolgen bei Landtagswahlen. Seit dem Erstarken der NPD (siehe Seite 10) sehen sich diese Parteien nicht nur von "links", sondern auch von der extremen Rechten in die Zange genommen.

Es ist ein buntes Sammelsurium von bürgerlich-konservativen bis hin zu dezidiert rechten Parteien, die sich bemühen, das Vakuum zu füllen, das die CDU - nicht zuletzt, nachdem sie auch noch die letzten konservativen Leuchttürme Martin Hohmann und Henry Nitzsche aus der Partei gedrängt hat - im Parteienspektrum hinterlassen hat. Die meisten Parteien kommen über einige (wenige) hundert Mitglieder nicht hinaus. Viele dieser Gruppierungen machen früher oder später Bekanntschaft mit dem Verfassungsschutz, indes gelangen in der jüngsten Vergangenheit vor Gericht achtbare Erfolge gegen diese Art der politischen Einflußnahme (JF 17/06).

Die Zusammenstellung rechter Parteien auf dieser Seite (siehe unten) ist eine Momentaufnahme. Vor zehn Jahren etwa hätte diese Bestandsaufnahme anders ausgesehen. Parteien wie der Bund Freier Bürger sind verschwunden, neue wie die Offensive D sind hinzugekommen. Andere, etwa die Republikaner, sind immer noch dabei. Mitunter regt sich plötzlich in längst vergessenen Gruppierungen wie etwa der Zentrumspartei neues Leben.

Insgesamt zeichnet sich ein neuer Trend zur Regionalisierung ab. Mit den bürgerlich-konservativen Formationen Heimat Hamburg, Bremen muß leben und Pro Köln gibt es bereits drei Parteien, die sich jeweils auf eine Großstadt konzentrieren. Hintergrund dieser Entwicklung dürfte der sensationelle Erfolg der Schill-Partei in Hamburg sein, der bis heute nachwirkt. Gelang es doch hier 2002 einer Partei, fern jeder Anklänge des Rechtsextremismus aus dem Stand einen erdrutschartigen Wahlerfolg zu erringen. Allein drei Parteien (Bürger in Wut, Pro Deutsche Mitte und die Offensive D) stehen heute in der Tradition der ehemaligen Schill-Partei.

Die Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 13. Mai könnte den nächsten Erfolg einer rechten Gruppierung bringen. Mit der konservativen Wählervereinigung Bremen muß leben, den Bürgern in Wut den Republikanern und der DVU treten mehrere Parteien rechts von der CDU an. Gerade die Kandidatur der beiden erstgenannten Organisationen, die sich an dem Vorgehen der Schill-Partei orientieren, und der Zuspruch, den sie aus der Bevölkerung erhalten, zeigt das Bedürfnis vieler konservativer Wähler nach einer Alternative zur Union - nach Jahren des resignativen "Augen zu und CDU". Auf der Rechten herrscht wieder einmal, so scheint es, Aufbruchsstimmung.

 

Bremen muß leben

Die Wählerinitiative "Bremen muß leben" wurde Ende 2006 mit dem Ziel gegründet, bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 13. Mai dieses Jahres anzutreten. Ziel der Initiatoren um den Journalisten Joachim Siegerist ist es, die Hansestadt "sicher, sauber, schuldenfrei" zu machen. Offiziell fungiert die Wählerinitiative als ein Landesverband des von Siegerist geführten Vereins "Die Deutschen Konservativen", der sich als christlich-bürgerliches Sammelbecken versteht. Der in Hamburg ansässige Verein, dessen Ehrenpräsident der CDU-Politiker Heinrich Lummer ist, gibt auch die Konservative Deutsche Zeitung heraus.

Kontakt: www.konservative.de 

 

Bürger in Wut

Die aus dem Bremer Landesverband der ehemaligen Schill-Partei hervorgegangene Bürgerbewegung Bürger in Wut setzt sich unter anderem "für eine Renaissance konservativer Werte und bürgerlicher Tugenden" sowie für einen wehrhaften Rechtsstaat und einen breiten antitotalitären Konsens in Deutschland ein. Daneben engagiert sich die Bürgerbewegung gegen den EU-Beitritt der Türkei. Bei der Wahl zum Bremer Abgeordnetenhaus will sich die Gruppierung um den Bundesvorsitzenden Jan Timke erstmals dem Wählervotum stellen.

Kontakt: www.buerger-in-wut.de 

 

Deutsche Soziale Union

Die 1990 in der damaligen DDR aus dem Zusammenschluß mehrerer christlicher, liberaler und konservativer Gruppierungen entstandene DSU ist heute vor allem in Sachsen verankert. Bei der letzten Wahl zur DDR-Volkskammer erreichte die Partei 6,3 Prozent der Stimmen. Später konnte die DSU, die zeitweise mit der CSU kooperiert hat, nur noch auf kommunaler Ebene Mandate erringen. Die vom Parteivorsitzenden Roberto Rink Ende 2004 angesichts des "Deutschland-Paktes" von NPD und DVU geplante engere Zusammenarbeit mit den Republikanern und der Deutschen Partei kam nicht zustande. Seit Oktober vergangenen Jahres ist die DSU durch den Übertritt des ehemaligen NPD-Abgeordneten Klaus Baier mit einem Abgeordneten im sächsischen Landtag vertreten.

Kontakt: www.deutschesozialeunion.de 

 

Deutsche Volksunion

Die 1987 vom Münchner Verleger Gerhard Frey gegründete Partei ist mit mehr als 8.000 Mitgliedern die größte Gruppierung rechts der CDU. Sie fordert die Wahrung der deutschen Identität und die Durchsetzung deutscher Interessen. Vielen Kritikern gilt die Partei als von Frey aus München gesteuerte Phantom-Partei. Seit 1999 ist sie mit einer Fraktion im Landtag von Brandenburg und mit einem Abgeordneten in der Bremer Bürgerschaft vertreten. Das von Frey immer wieder betonte Bekenntnis der DVU zum Grundgesetz hält die Partei nicht von einer engen Kooperation mit NPD ab, mit der sie seit 2004 im sogenannten "Deutschland-Pakt" verbunden ist.

Kontakt: www.dvu.de 

 

Deutsche Partei

Die Deutsche Partei (DP) sieht sich in der Tradition der bis 1980 bestehenden konservativen Partei selben Namens, die bis 1960 mehrere Bundesminister gestellt hat. Nach der Neugründung 1993 profilierte sich die DP als national-konservative Partei. Der Streit um die Haltung der Partei zur NPD führte Anfang 2005 zur Absetzung des nationalliberalen Parteivorsitzenden Heiner Kappel, der sich zuvor für eine Zusammenarbeit mit DSU und Republikanern ausgesprochen hatte. Während Kappel zur Wählerinitiative "Bremen muß leben" gewechselt ist, haben Claudia Wiechmann und Ulrich Pätzold den Parteivorsitz übernommen.

Kontakt: www.deutschepartei.org 

 

Heimat Hamburg

Vom ehemaligen Hamburger Justizsenator und CDU-Politiker Roger Kusch im April 2006 gegründete bürgerliche Regionalpartei, die den Hamburgern eine "Alternative zur linken Staatsgläubigkeit" bieten will. Weitere Themen sind die Innere Sicherheit sowie die Forderung nach einem "Mindestmaß an Integrationsbereitschaft" sowie nach einer "Zuwanderung nach bedarfsgerechten Kriterien". Heimat Hamburg befürwortet zudem die Zulassung der Sterbehilfe im Ausnahmefall.

Kontakt: www.heimathamburg.de 

 

Partei Rechtsstaatlicher Offensive/ Offensive D

Die 2000 von dem ehemaligen Hamburger Amtsrichter Ronald Schill gegründete Partei Rechtsstaatlicher Offensive/Offensive D erreichte bei der Bürgerschaftswahl 2002 mit 19,4 Prozent den größten Wahlerfolg einer Rechtspartei in der Bundesrepublik. Nach dem Ausschluß Schills und dem Ausscheiden aus der Bürgerschaft 2004 begann der Niedergang der Partei, die sich nach wie vor das Thema Innere Sicherheit auf die Fahne geschrieben hat. Daneben lehnt die Partei unter ihrem kommissarischen Bundesvorsitzenden Peter-Alexander von der Marwitz unter anderem den EU-Beitritt der Türkei ab.

Kontakt: www.offensive-bund.de 

 

Republikaner

Die 1983 gegründete konservative Partei tritt unter anderem für die Stärkung der bürgerlichen Freiheitsrechte ein und lehnt eine multikulturelle Gesellschaft ab. Statt dessen fordert sie ein sogenanntes Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Sie tritt für die Bewahrung des Nationalstaates und ein Europa der Vaterländer ein. Die größten Wahlerfolge der Partei, die rund 6.000 Mitglieder zählt, waren der Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus (1989/1990) und den Landtag von Baden-Württemberg (1992 bis 2001). Heute verfügen die Republikaner über zahlreiche Mandatsträger auf kommunaler Ebene, etwa in den Stadträten von Mainz oder Chemnitz. Eine Zusammenarbeit mit der NPD und einen Beitritt zum "Deutschland-Pakt" lehnt die Partei unter ihrem Bundesvorsitzenden Rolf Schlierer strikt ab. Ende 2006 wurde dieser Kurs auf dem Bundesparteitag bestätigt.

Kontakt: www.rep.de 

 

Pro Deutsche Mitte

Vom Unternehmer Bolko Hoffmann gegründete Partei, die sich vor allem für die Wiedereinführung der D-Mark einsetzt. Daneben tritt sie für eine Förderung der Familien und eine Beschränkung der Zuwanderung ein. Bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft 2004 erreichte die Partei mit dem ehemaligen Hamburger Innensenator Schill als Spitzenkandidat ihr bestes Ergebnis (3,1 Prozent). Schill, der seit einigen Monaten in Rio de Janeiro lebt, fungiert offiziell immer noch als Hamburger Landesvorsitzender.

Kontakt: www.prodm-online.de 

 

Pro Köln

Die Bürgerbewegung Pro Köln ist seit 2004 in Fraktionsstärke im Kölner Stadtrat vertreten und engagiert sich unter anderem gegen den geplanten Bau einer Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Darüber hinaus fordert die vom Verleger Manfred Rouhs gegründete Gruppierung unter anderem ein rigoroses Durchgreifen gegen Kriminelle und setzt sich für eine Verbesserung der Lebensqualität in der Domstadt ein. Rouhs ist auch Bundesvorsitzender des von ihm gegründeten bundesweiten Pro-Köln-Ablegers Pro Deutschland.

Kontakt: www.pro-koeln-online.de 

 

Zentrumspartei

Die Deutsche Zentrumspartei bekennt sich zur "christlich sozialen Werteordnung europäischer Tradition" und beruft sich auf die Tradition der 1870 gegründeten Zentrumspartei, die im Kaiserreich sowie in der Weimarer Republik eine bedeutende Rolle gespielt hat. Die Partei, die nach 1945 zeitweise im Deutschen Bundestag vertreten war, verfügt heute über einige kommunale Mandate. So ist der Parteivorsitzende Gerhard Woitzik zweiter Bürgermeister der Stadt Dormagen in Nordrhein-Westfalen. Aus den Hamburger Resten der Schill-Partei hat sich 2006 um den ehemaligen Innensenator Dirk Nockemann und den früheren Fraktionsvorsitzenden der Schill-Partei in der Bürgerschaft, Norbert Frühauf, ein Landesverband gegründet.

Kontakt: www.zentrumspartei.de 


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen