© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/07 12. Januar 2007

Neues Jahr, alte Vorurteile
Historiker unter Druck
Felix Menzel

Sieben Wochen nach der Herbsttagung der konservativen Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) nehmen linke Politiker den damals anwesenden Ingolstädter Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU) unter Beschuß. Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter kritisiert, daß Lehmann ein persönliches Grußwort bei der Veranstaltung gesprochen hatte. Die lokale Stadträtin der Grünen, Angelika Wegener-Hüssen, nannte es "unsäglich, daß unser OB dieses Institut hofiert". Ritter stützt sich auf offenbar auf einen Beitrag im SPD-eigenen Infodienst Blick nach rechts, worin die ZFI jüngst als "Club der Revisionisten" attackiert wurde. Der SPD-Politiker, Mitglied des Rechtsausschusses im Landtag, fordert in einer kleinen Anfrage an die Staatsregierung nun Aufklärung, ob diese "mit Sicherheit sagen kann, daß beim ZFI keine verfassungsfeindlichen oder revisionistischen Inhalte produziert oder verbreitet werden".

Linken seit langem ein Dorn im Auge

Die 1981 von den konservativen Historikern Alfred Schickel und Hellmut Diwald sowie dem ehemaligen bayerischen Innenminister Alfred Seidl (CSU) gegründete ZFI ist Linken schon lange ein Dorn im Auge. Etwa die Tatsache, daß sich die ZFI auch intensiv mit dem Thema Vertreibung auseinandergesetzt hat, wurde als Indiz für eine Verharmlosung deutscher Schuld gewertet. 1996 startete die PDS auf Initiative ihrer Abgeordneten Ulla Jelpke im Bundestag eine Anfrage zur ZFI, worauf die Bundesregierung antwortete, daß Schickel Auffassungen äußere, die "teilweise denen entsprechen, wie sie von Rechtsextremisten vertreten werden".

SPD-Mann Ritter kritisiert nicht nur den Auftritt von Oberbürgermeister Lehmann beim ZFI, sondern fragt auch, ob der aus Ingolstadt stammende Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) ebenfalls ein Grußwort geschrieben habe. Lehmann verteidigte sich, er habe Schickel, der Träger des Bundesverdienstkreuzes ist, für eine von ihm verfaßte Biographie eines Ehrenbürgers von Ingolstadt (Joseph Kardinal Schröffer: Ein Leben für die Kirche) würdigen wollen.


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