© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/07 12. Januar 2007

Fluch der Geographie
von Dieter Stein

Gerade hat in Deutschland die Wirtschaft Fahrt aufgenommen, herrscht - passend zum verrückten Winter - Tauwetter am Arbeitsmarkt, da werden wir schlagartig daran erinnert, was das Blut unserer Industriegesellschaft ist und wo seine Hauptschlagadern verlaufen. Moskau hat wegen des Streits um weißrussische Vertragsverletzungen eine wichtige Transportleitung der deutschen Energieversorgung unterbrochen. Seit Montag, 6 Uhr, liefert die Pipeline "Druschba" (Freundschaft) kein Öl mehr. Jährlich 22 Millionen Tonnen Öl und damit ein Fünftel des deutschen Erdölbedarfs fließen durch diese Leitung über die Transitländer Weißrußland und Polen.

Der Fluch der geographische Lage will es, daß Deutschland nur einen Bruchteil des Bedarfs mit heimischen Energieträgern decken kann und maßgeblich auf weltweite Importe mit verletzlichen Routen angewiesen ist. Wollen wir nicht erpreßbar sein, dann brauchen wir ein breites Spektrum an Energielieferanten und -arten. Der Totalausstieg aus der Kernenergie war insofern ein Fehler der rot-grünen Bundesregierung. Eine Korrektur dieser Entscheidung wäre ratsam. Schröder lag richtig, als er die deutsch-russische Ostsee-Pipeline forcierte. So ist Deutschland nicht von Transitstaaten wie Polen oder Weißrußland erpreßbar.

Die steigende Abhängigkeit von russischen Lieferungen ist jedoch ein relevanter politischer Faktor. Rußland wird künftig seine Macht weniger auf Raketen denn auf Energie stützen.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen