© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/06 01/07 22./29. Dezember 2006

Meldungen

PR-Agenturen erobern Zeitungsredaktionen

LEINFELDEN. Die Dezemberausgabe von Bild der Wissenschaft brennt ein wahres Feuerwerk ab, um die Zukunft des Wissenschaftsstandorts Deutschland in hellem Licht erstrahlen zu lassen. Der baden-württembergischen Forschungspolitik gönnt man gar ein dickes Beiheft, um die Innovationskraft schwäbischer Geowissenschaftler oder Nanotechnologen zu rühmen - der neuen Landesstiftung und dem ausführlich zu Worte kommenden Landesvater Oettinger sei Dank. Dagegen tritt weniger Erfreuliches in den Schatten. Etwa Thomas Langes Report über den "Journalismus am PR-Tropf", der sich auf jüngste Warnsignale von Kommunikationswissenschaftlern stützt. Schrumpfende Auflagen und sinkende Mitarbeiterzahlen zwingen immer mehr Zeitungsredaktionen, kritische Recherche durch Pressemitteilungen zu ersetzen. Bis zu 25 Prozent der Artikel in den Lokalteilen deutscher Tageszeitungen beruhen inzwischen auf PR-Meldungen. Komplexe Entwicklungen in Politik und Wirtschaft könnten durch den dominanter werdenden Typ des journalistischen "Generalisten" nicht mehr vermittelt werden. Die "Unternehmensberichterstattung" greife den überdies personell ausgedünnten Redaktionen dann nur allzu gern mit "Pressemitteilungen" unter die Arme.

 

Einheit: Bonns Politik am Spielfeldrand

HANNOVER. Die Wiedervereinigung von 1990 "wäre so oder ähnlich auch ohne Bonn verlaufen" - von "der Eskalation des Protestes und der Entmachtung der alten SED-Garde über die Demokratisierung der DDR bis hin zur 'Macht der Verhältnisse'", der sich die drei "Freunde" im Westen und die absterbende Sowjetunion hätten beugen müssen. Dies ist das Resümee einer Nachbetrachtung von Markus Driftmann (Deutschland Archiv, 5/06), die von der "historischen" Rolle des christdemokratischen Kanzlers Helmut Kohl und seines Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) nur wenig übrigläßt. Was ihnen an Verdiensten gebühre, falle nicht heraus aus dem "ostpolitischen Pragmatismus", der Bonner Politik seit den sechziger Jahren ausgezeichnet habe. Zu würdigen sei mithin nicht "souveränes Gestalten", sondern die Fähigkeit, das Geschehen vom Spielfeldrand beeinflußt zu haben.

 

Ein Planungsdesaster: Die aufgelockerte Stadt

STUTTGART. Wiederaufbau nach den "Strategien der Moderne" bedeutet nicht nur, aber vor allem in Berlin nach 1953, daß Stadtplaner halfen, mehr Bausubstanz zu vernichten als die alliierten Bomberflotten. Zudem war das städtebauliche Leitbild - in Berlin mit besonderer Konsequenz verfolgt - die "aufgelockerte Stadt". Man habe, wie Reinhard Huschke ein Streitgespräch zwischen den damals verantwortlichen Stadtplanern referiert (Die Alte Stadt, 2/06), den "Bruch mit der Vergangenheit" gewollt, deren Städtebau man die Mitschuld an der "deutschen Katastrophe" gab. Dabei sei gerade die "aufgelockerte Stadt" eine Konzeption Albert Speers gewesen. Kein Wunder, daß diese "eigenartige Kontaminierung der städtebaulichen Moderne" nicht den "demokratisch gesinnten Stadtbewohner" hervorbrachte. Man kam zu dem harschen Urteil, daß die Planungsjahrzehnte bis 1975 als "Desaster" zu werten seien. Der eben pensionierte Berliner Senatsbaudirektor Hans Stimmann empfahl daher den aktiven Kollegen, sich "auf das kulturelle Erbe der europäischen Stadt" zurückzubesinnen - schließlich wäre "unsere Kultur" nie in "Großsiedlungen" entstanden.

 

Erste Sätze

Ich hasse die Tinte und liebe das Wort, denn ich bin Prediger, nur und gänzlich Prediger. 

Bruno Doehring, Mein Lebensweg zwischen den Vielen und der Einsamkeit, Gütersloh, 1952


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