© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/06 15. Dezember 2006

Da blutet das Herz
Triumphale Rückkehr: Mel Gibsons Maya-Film "Apocalypto"
Thorsten Thaler

Wenn in letzter Zeit von Mel Gibson die Rede war, dann nicht als Schauspieler ("Lethal Weapon"-Quadrologie, "Kopfgeld") oder Regisseur ("Braveheart", "Die Passion Christi"). Statt dessen ging es um Alkoholsucht und eine Festnahme wegen Trunkenheit am Steuer, um frauenfeindliche und antisemitische Äußerungen, schließlich um die Verurteilung des 50jährigen wegen dieser Alkoholfahrt zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe und einer Entziehungskur.

Gibson schien trotz einer Entschuldigung für seine Verfehlungen erledigt. In Medienberichten hieß es, Filmschaffende wollten nicht mehr mit ihm zusamenarbeiten, Gibsons Karriere sei beendet. Das führende Branchenblatt Variety prophezeite: "Die Kritik wird ihn töten, ein Teil des Publikums wird auf seine Arbeit herabschauen. Seine Glaubwürdigkeit als Regisseur ist schwer beschädigt." Und der Internetdienst filmthreat.com setzte ihn an die Spitze einer Liste der am wenigsten einflußreichen, inspirierenden und faszinierenden Hollywood-Größen.

Doch jetzt hat sich Mel Gibson eindrucksvoll zurückgemeldet. Mit seinem neuen Film "Apocalypto", einem ebenso bildgewaltigen wie blutigen Epos über die Maya-Kultur, eroberte er die Spitze der US-amerikanischen Kinocharts. Das Action-Drama spielte am Startwochenende umgerechnet 10,9 Millionen Euro ein und belegte knapp vor Nancy Meyers romantischer Komödie "Liebe braucht keine Ferien" den ersten Platz. In deutschen Kinos läuft der Film an diesem Donnerstag an.

Angesiedelt ist "Apocalypto" in der Welt der Mayas des 15. Jahrhunderts vor der Invasion der Spanier in Mittelamerika. In atemberaubenden Bildern und einer untertitelten Maya-Sprache erzählt Gibson, der auch am Drehbuch mitwirkte und als Produzent auftrat, die Geschichte des jungen Bauers Jaguar Paw (Rudy Youngblood) und seiner Familie, die in einem friedlichen Dorf im Regenwald des heutigen Mexiko leben - bis die Idylle von einer Horde fremder Krieger heimgesucht wird. Paw wird in die große Maya-Stadt verschleppt, wo er in einer feierlichen Zeremonie den Göttern geopfert werden soll. Doch er kann fliehen und hetzt auf der Suche nach seiner Frau und seinem Sohn durch den Dschungel, verfolgt von Jägern und umgeben von wilden Tieren und tödlichen Fallen ...

US-Kritiker monierten - wie schon bei Gibsons grandiosem Bibelfim "Die Passion Christi" (JF 14-16/04) - die zum Teil drastisch-schauderhaften Gewaltszenen, und auch hierzulande werden vor allem herausgerissene Herzen, zerfetzte Gesichter und abgeschlagene Köpfe die Kinogänger spalten. Kaltlassen aber wird, Mel Gibson sei Dank, "Apocalypto" niemanden.

Fotos: Maya-Krieger überfallen ein Dorf: Einige Branchenblätter hatten den Regisseur schon abgeschrieben; Leitwolf (links vorn: Raoul Trujillo) hetzt Jaguar Paw (rechts: Rudy Youngblood) durch den Dschungel: Atemberaubende Bilder


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