© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/06 08. Dezember 2006

Aufgeschnappt
Die gefühlte Mehrheit
Matthias Bäkermann

Bruder Johannes" wäre bestimmt nicht vergnügt: Nun steht auch in Wuppertal der Verkauf einer Kirche an. Wie überall in Deutschland ging auch in der Heimatstadt des früheren Bundespräsidenten Rau die Zahl der Gläubigen kontinuierlich zurück - im Stadtteil Vohwinckel von 4.000 auf 1.900. Und unter diesen nimmt die Zahl Älterer stetig zu, Kirchensteuern fließen immer spärlicher, Kinder kommen kaum dazu. Opfer der Haushaltskürzungen soll wegen der hohen Kosten von 45.000 Euro pro Jahr und nun anstehenden Baukosten die Kirche am Bremkamp und das angeschlossene Gemeindezentrum sein.

Doch die Kirchengemeinde will sich den Plänen nicht beugen, sondern kämpft um ihr Überleben. Eine von der Ehefrau des Pfarrers Kurt-Eugen Melchior angestoßene Initiative (www. rettet-den-bremkamp.de) will nun für die nächsten zwei Jahre jeweils die nötigen Gelder sammeln. Da eine Spendengala im November gerade auf den "Tag der Integration" fiel, konnte über den Kontakt des SPD-Stadtverordneten Arif Izki sogar die muslimische Gemeinde der Moschee in Gathe bewogen werden, finanziell zur Gala beizutragen. Die Moslems aus einem anderen Stadtbezirk begründen ihr Engagement damit, daß "Kirche doch wichtig ist".

Wie Ute Melchior-Giovannini bestätigt, sammelt nun auch eine benachbarte marokkanische Moscheegemeinde nach dem Freitagsgebet für den Erhalt des evangelischen Zentrums. Bei aller Freude über eine derart breit angelegte Ökumene gesteht die Theologin "ein bißchen Gänsehaut" ein: "Schließlich gibt es in Deutschland doch mehrheitlich Christen."


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