© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/06 01. Dezember 2006

Meldungen

Am Computer gewaltlos werden

WÜRZBURG. Daß die deutsche Schule vom Lernort zum "sozialen Brennpunkt" verkommen ist, zählt zu den vielen tristen gesellschaftspolitischen Hinterlassenschaften des enthemmten Immigrationismus der Ära Kohl. Die Münchner Entwicklungspsychologin Mechthild Schäfer wird angesichts eines krassen Falls aus Norddeutschland mit dem Befund zitiert, inzwischen sei jeder dritte Grundschüler von "Mobbing" betroffen, jeder siebte Schüler sei entweder Opfer oder Täter (Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 18. November). An der Universität Würzburg entwickelt daher eine mit EU-Geldern geförderte Arbeitsgruppe des Psychologen Wolfgang Schneider seit Monaten ein "lebensnahes Computerprogramm" unter dem Titel "Fear Not!", um hier Abhilfe zu schaffen. Im virtuellen Rollenspiel sollen Schüler ihre "Probleme" verstehen lernen. Schneiders Gruppe prüft, ob das Programm effektiv und flächendeckend in Schulen umsetzbar ist. Noch wird indes nach geeigneten Klassen gesucht, da nur wenige Schulen über die technische Ausrüstung verfügen, um das Programm einzusetzen. Zudem müßten die Lehrer geschult werden. Anfang 2007 sollen die ersten Schüler mit dem Programm arbeiten.

 

Untergang des Reiches:Fortwirkendes Beben

SEELZE. Einen Abgesang auf das nicht allzu öffentlichkeitswirksame Gedenken an die Auflösung des "Alten Reiches" im August 1806 bietet Geschichte in Wissenschaft und Unterricht mit seinem herbstlichen Schwerpunktheft (10/06). Dabei sind Wolfgang Burgdorf und Eric-Oliver Mader in ihren Beiträgen bemüht, ein festsitzendes Vorurteil zu beseitigen, dem zufolge das Reich "sang- und klanglos" untergegangen sei. Tatsächlich bietet die zeitgenössische Publizistik trotz napoleonischer Zensur viele Äußerungen, die ganz im Gegenteil bezeugen, daß 1806 eine tausendjährige Tradition "mit vernehmlichem Getöse" zu Ende ging. Die politisch denkende Elite im deutschen Sprachraum sei von diesem Ereignis regelrecht erschüttert und in tiefe Trauer gestürzt worden.

 

Neuer Objektivismus der Geschichtstheorie

GÖTTINGEN. Der Historiker ersetzt durch seine "Erzählung" die vergangene "Realität" eher, als er sie rekonstruiert. Die ist die "Botschaft" postmodernen Geschichtsverständnisses. Dieser deutschen Geschichtstheoretikern wie Michael Baumgartner zwar schon vor einem Menschenalter selbstverständliche konstruktive Charakter machte aber erst als Re-Import aus den USA Furore. Hayden White oder Frank Ankersmit erzielten daher in "Alt-Europa" schöne Rezeptionserfolge. Inzwischen empfindet man gerade in Deutschland die Konsequenzen dieser "relativistischen" Geschichtstheorie als fatal - vor allem mit Blick auf die Zeit zwischen 1933 und 1945, deren geschichtspolitische Verwertung durch die Auflösung in "Erzählungen" bedroht scheint. Die Tübinger Philosophin Doris Gerber macht sich nun anheischig, im Rückgriff auf Reinhart Koselleck die "historische Realität" vor dem Zugriff "texttheoretischer Sinnkonstruktion" zu retten (Geschichte und Gesellschaft, 2/06). Damit "die Wahrheit" wieder zum Beurteilungskriterium historischer Sachverhalte wird, unternimmt sie eine komplizierte Analyse der "geschichtlichen Dimension der Zeit". Ihr Credo, daß es zwar unterschiedliche Perspektiven auf Vergangenes, aber letztlich doch "nur eine Wahrheit" gibt, speist sich aus der Zuversicht, einen kausalen Zusammenhang realen Geschehens nachweisen zu können, wo Postmoderne nur "Konstruktionen" sehen.

 

Erste Sätze

Am Anfang war die Frau.

Sir Galahad: Mütter und Amazonen. Ein Umriß weiblicher Reiche, München, 1932


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