© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/06 10. November 2006

Von der Labilität der Offiziersehre
Der Militärhistoriker Johannes Hürter kritisiert die schwache Haltung des Generalstabes der Wehrmacht im Weltanschauungskrieg
Günther Gillessen

An dem Buch wird nicht vorübergehen dürfen, wer über die Verwicklung bestimmter Teile der Wehrmacht in die Staatsverbrechen der NS-Diktatur Bescheid wissen will. Hürter hat den Inhalt erhaltener Quellen, Kriegstagebücher, Befehle, Denkschriften, Erinnerungen, Biographien, Einzeldarstellungen zu einer eindrucksvollen, kritisch-differenzierenden Darstellung verarbeitet. Das Vorhaben erforderte Beschränkung und Auswahl. Er konzentrierte seine Untersuchung auf die obersten Befehlshaber des Heeres im entscheidenden ersten Jahr des Rußlandkrieges.

Die Bemühung um Genauigkeit und Unterscheidungen macht dann auch den großen Unterschied zu der von Jan Philipp Reemtsma zu verantwortenden Wanderausstellung "Die Verbrechen der Wehrmacht" aus. Hürter vergleicht die Verhaltensweisen der einzelnen Oberbefehlshaber an der Ostfront. Das gibt seiner Darstellung Schattierung und perspektivische Tiefe. Trotz beträchtlicher Unterschiede, die er in Gesinnung und Verhalten einzelner Oberbefehlshaber bemerkt, legt man das Buch mit dem niederschmetternden Eindruck aus der Hand, daß kein einziger dieser Generalobersten und Feldmarschälle, die Armeen und Armeegruppen befehligten, die Herausforderung ihres Charakters durch die mörderischen Befehle Adolf Hitlers und Heinrich Himmlers annahm und sich so verhielt, wie es das Ethos und die Ehre eines Offiziers von ihnen verlangten. Auf die Oberbefehlshaber kam es an. Ihr Verhalten bestimmte - so oder so - das Verhalten der ihnen unterstellten Generale der Armeekorps und der Divisionen mit. Was sollten Proteste aus der Truppe, wenn man verstanden hatte, daß der Oberbefehlshaber davon keinen Gebrauch machen, ja nicht einmal etwas hören wollte?

Um so deutlicher wird dann aber auch, was für Prozesse sich in den Köpfen der Verschwörer vom 20. Juli abgespielt haben müssen: das Erschrecken über die Vorgänge in der Führung, der moralische Konflikt, die Einsamkeit im Kreise andersdenkender Kameraden, die Erfassung der Zusammenhänge bis hin zu der furchtbaren Einsicht in die Pflicht zum "Hochverrat". Auf keinen ihrer Oberbefehlshaber war Verlaß, und damit auch nicht auf die unterstellten Verbände, deren es in einem Krieg zwischen Wehrmacht und SS bedurft hätte.

Hürters Buch beginnt mit der zentralen Frage nach der Unbegreiflichkeit des moralischen Versagens im obersten Rang der deutschen Generalität: Wie war es möglich, daß die Elite der Elite des Offizierkorps, eines Standes mit sprichwörtlichen Vorstellungen von Ehre und Ritterlichkeit, still auf ihren Stühlen sitzen blieben, als Hitler ihnen am 30. März 1941 in der Reichskanzlei den beabsichtigten Feldzug gegen die Sowjetunion darstellte nicht nur als einen Krieg, um der Gefahr eines Zweifrontenkrieges zuvorzukommen, sondern zugleich auch als einen totalen Vernichtungskrieg: als den nicht ohne Grund befürchteten Krieg gegen den Bolschewismus, einen "Krieg zur Zerschlagung des russischen Staates", als einen Völkerkrieg, als einen Krieg um Sein oder Nichtsein. In diesem ganz anderen Krieg müsse er seinen Generalen zumuten, die herkömmlichen Kriegsregeln nicht zu beachten und sich nicht von Rücksichten auf Humanität und Recht behindern zu lassen.

Die höchste Generalität der Wehrmacht schwieg zu diesen Ungeheuerlichkeiten, nicht nur an diesem Tag, als der Diktator den Saal verließ ohne ihnen Gelegenheit für Fragen zu lassen, sondern auch in den Wochen danach nicht, als er ihnen zuerst die Kontrolle über das zu erobernde Gebiete entzog und ihnen die "verbrecherischen Befehle" ausgab, mit denen Grundregeln der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Rot-Kreuz-Konvention außer Kraft gesetzt wurden. Wie konnten kriegserfahrene, höchste Offiziere alter Schule derartige Zumutungen hinnehmen, zumal nach ungesühnt gebliebenen Mordtaten von SS und Polizei im besetzten Polen?

Auf der Suche nach einer Antwort betrachtet der Verfasser die Oberbefehlshaber zunächst als Gruppe von 23, oder in engerer, auf das Ostheer beschränkter Zählweise, 13 Generalen. Fast alle diese Feldmarschälle und Generalobersten waren in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts geboren; die eine Hälfte entstammte adeligen Familien, die andere der bürgerlichen Oberschicht. Nahezu alle waren auf humanistischen Gymnasien oder in Kadettenanstalten erzogen, alle hatten am Ersten Weltkrieg als Hauptleute, Majore oder Oberstleutnante an der Front teilgenommen, fast alle durchliefen die Generalstabsausbildung, waren damit "studierte" Offiziere. Alle waren national-konservativ gesinnt. Der revolutionär-totalitäre Furor des Nationalsozialismus mußte ihnen eigentlich befremdlich sein - wären da nicht die heißen patriotischen Versprechungen gewesen.

Zur Erschütterung der Ideale ihrer konservativen Erziehung und alter ritterlicher Vorstellungen von ihrem Beruf, meint der Verfasser, habe 1914/18 vor allem das Erlebnis der Entgrenzung des Krieges beigetragen, der auf beiden Seiten ansatzweise schon als totaler Krieg zwischen Völkern geführt worden war, mit bislang unvorstellbar großen, zynisch anmutenden Zahlen an Menschenopfern. Dem plötzlich erlebten Untergang der alten Ordnung folgten die Jahre der inneren Emigration der Reichswehr in der neuen Republik und dann die Illusionen über die Wiederherstellung nationaler Größe und militärischer Macht durch die Nationalsozialisten. Auch die schon in der Nach-Moltke-Zeit begonnene Engführung der Generalstabsausbildung auf die Führung von Operationen, speziell die schnelle Offensiv-Operation, und die entsprechende Vernachlässigung politisch bildender Fächer zählt der Verfasser zu den Ursachen dafür, daß diese Generation von Generalstäblern nicht mehr dazu aufgefordert wurden, über die Ränder des militärischen Auftrages hinauszublicken.

Höchste Generalität versagte vor der Verantwortung

Man möchte hinzufügen, daß sich diese Verengung bis in das Verständnis des militärischen Gehorsams fortsetzte. Herkömmlicherweise waren die deutschen Offiziere nicht auf das Land oder den Staat verpflichtet worden, sondern auf die Person des Monarchen. Insofern war 1934 auch nicht der Eid auf die Person Hitler als neues Staatsoberhaupt etwas umwerfend Neues, sondern der Wegfall traditioneller Begrenzung der Gehorsamspflicht des Soldaten an den Grundsätzen der Ehre und der Verantwortung für die Untergebenen. Da ist man aber schon wieder bei der Hauptfrage: Wie konnte ein so wichtiger Hinweis auf die Gegenseitigkeit des Treue-Verhältnisses unwidersprochen entfallen - ausgerechnet nach den Mordtaten des 30. Juni 1934?

Am 4. August 1938, zur Zeit der Sudeten-Krise, kam es innerhalb der Heeresführung zu einem aufschlußreichen Disput. Der Generalstabschef Ludwig Beck drang auf ein geschlossenes Vorgehen der Generalität gegen Hitlers außenpolitisches Hasardspiel. Die meisten lehnten Becks Vorhaben ab, besonders Ernst Busch, Walter von Reichenau und Gerd von Rundstedt - Busch mit dem Hinweis, daß sich Soldaten nicht in Sachen des Politikers einmischen sollten. Beck habe, so wird berichtet, "sehr heftig" erwidert, daß ein für den Generalstab ausgebildeter Offizier sehr wohl in der Lage sein müsse, über das Fachlich-Militärische hinaus auch militärpolitische Fragen zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen. Als sie ihm darin nicht folgen wollten, reichte er am 18. August seinen Abschied ein.

Dieses Versagen der höchsten Generalität vor ihrer Verantwortung für das Land blieb das Grundmuster ihres Verhaltens im ganzen Kriege, besonders im Ostfeldzug, den Hitler von Anfang an als "totalen Krieg" auch gegen die Zivilbevölkerung geführt wissen wollte, besonders gegen die jüdische. Es fehlt der Platz, Hürters Darstellung dieses Krieges hinter der Front zu referieren. Er präsentiert den Stoff nach Kategorien der Verbrechen, der Opfer, und nach einzelnen Armeegebieten, damit auch den einzelnen Befehlshabern. Es gab Unterschiede, etwa zwischen Wilhelm Ritter von Leeb, Fedor von Bock, Günther von Kluge, Erich Hoepner, Carl-Heinrich von Stülpnagel, Hermann Hoth, Georg von Küchler, Erich von Manstein, Heinz Guderian, und von Reichenau. Insgesamt ergibt sich ein Spektrum von stummer Mitwisserschaft, Duldung oder Nicht-wissen-Wollen oder zaghaftem Einspruch, halber Unterstützung bis zu fanatischer Zustimmung. Insgesamt das Bild von Oberbefehlshabern, die, Unterschiede hin oder her, allzu lange "funktionierten". Allerdings stießen zwei aus dieser Gruppe (Hoepner und Stülpnagel) später zum Widerstand und einer (Kluge) deckte abwartend die Verschwörer um Henning von Tresckow, ohne sich anzuschließen.

Hürter meint, nur mit einem geschlossenen und entschlossenen Auftreten der hohen Generalität der Wehrmacht oder wenigstens der Oberbefehlshaber an der Ostfront hätte sich das Heer die ungeteilte Vollzugsgewalt im gesamten eroberten Gebiet sichern und so die Massenverbrechen von Himmlers Mordtruppe verhüten können.

Über die Frage, in welchem Umfang sich Befehlshaber von Armeekorps und Divisionen oder Stabsoffiziere über die verbrecherischen Befehle hinwegsetzten und ihre Weitergabe unterdrückten, gibt es Streit zwischen Zeugen, die sich nach dem Kriege an solche Begebenheiten erinnerten und Historikern, die in den Akten fast nichts dazu vorgefunden haben und darum von Legendenbildung sprechen. Auch Hürter gehört zu ihnen.

Damit ist von Methodischem zu sprechen. Tatsächlich kann ein gewissenhafter Historiker kaum von dem Grundsatz lassen "Quod non est in actis non est in mundo" kaum lassen. Trotzdem bleibt diese Maxime doch nur eine der von Hamlet ironisierten Schulweisheiten. Nicht alles kommt in die Akten und manchmal besonders Wichtiges gerade deshalb nicht, zumal unter einer tyrannischen Herrschaft. Wer 1941 befohlenes Unrecht zu verhindern versteht, wird den Teufel tun, dies obendrein auch noch zu dokumentieren oder darüber lange mit Vorgesetzen zu reden, wenn auf sie kein Verlaß ist. Der Rezensent kann aber bezeugen, daß im Jahr 1944 15jährige Flakhelfer darüber debattierten, daß sie einem anderen ihnen mitgeteilten verbrecherischen Befehl - abgeschossene, kriegsgefangene Piloten der Lynchjustiz einer aufgebrachten Menge deutscher Zivilisten zu überlassen - nicht folgen dürften. Daß Hürter in den Akten keine schriftlichen Zeugnisse für Gehorsamsverweigerungen gegenüber verbrecherischen Befehlen fand, beweist methodisch nichts, weder so noch so. Wenn die Zeugen lügen, dann können auch die Akten lügen, die sie angefertigt oder anzufertigen unterlassen haben. Offenbar fällt es nachgeborenen Historikern trotz aller Spezialkenntnisse, mit denen sie den Zeitzeugen überlegen sind, außerordentlich schwer, sich die Gewaltverhältnisse in einer Diktatur lebhaft genug vorzustellen, auch nicht die Feigheit der meisten Mitbürger vor diesem Feind oder auch nur der jeweils herrschenden Meinung.

Nur drei Fälle von Sabotage an den verbrecherischen Befehlen läßt Hürter gelten, weil sie in den Akten stehen, Oberstleutnant i. G. Helmuth Groscurth, Major Wittmer und Major i. G. Rudolf Christoph von Gersdorff. Dabei fällt auf, daß Hürters Urteil über Gersdorff und Tresckow im Schluß des Buches günstiger formuliert ist als in dem Abschnitt, der das rätselhafte Verhältnis zwischen deren Stab der Heeresgruppe Mitte und dem SS-Brigadeführer Arthur Nebe behandelt.

Hürter meint, erst im Oktober 1941, als die Systematik der Ausrottung der gesamten jüdischen Bevölkerung in den eroberten sowjetischen Gebieten offenbar wurde, habe sich in der Heeresgruppe Mitte Widerstand geregt. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Anfänge des Widerstandes ist nicht unerheblich. Hans Mommsen meint beharrlich, nicht die Empörung über die Verbrechen habe in der Heeresgruppe Mitte den Anstoß zum Widerstand gegeben, sondern die militärische Lage, die Erkenntnis des Mißlingens des Ostfeldzuges. Selbst wenn es so gewesen wäre, daß Anfang Oktober 1941 schon vorauszusehen gewesen wäre, was erst später deutlich wurde - das Thema von Gersdorffs Reise zum Oberkommando des Heeres waren unbestreitbar die Verbrechen, nicht der Verlauf des Feldzugs.

Grundmaß von Recht und Ehre außer acht gekommen

Doch lassen selbst die Akten einen früheren Zeitpunkt für den Beginn des Widerstandes bei der Heeresgruppe Mitte gegen die Verbrechen erkennen. Gemeint ist das "Kriegstagebuch des Kommandostabes Reichsführer SS". Es verzeichnet unter dem Datum des 19. Juni 1941, also drei Tage vor Beginn des Feldzuges, das Ergebnis eines Gesprächs Tresckows mit dem SS-Brigadeführer Kurt Knobloch über den Einsatz der beiden SS-Brigaden und der beiden SS-Kavallerie Regimenter im Abschnitt der Heeresgruppe Mitte. Sie vereinbarten, daß die SS-Verbände der 9. Armee unterstehen sollten. Sofort nach Angriffsbeginn zog die 9. Armee die SS im rückwärtigen Gebiet der Front zu klassisch militärischen Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben für die kämpfende Truppe heran, unter listiger Mißdeutung der "Sicherungsaufgaben" der SS im eroberten Gebiet. Am fünften Tag des Feldzugs, am 27. Juni, entzog Himmler die SS-Verbände bei der eroberten ostpolnischen Stadt Wilna dem Kommando der 9. Armee mit der Begründung, er wünsche nicht, daß sie "zu Besetzungen und ähnlichen Zwecken herangezogen werden", da er sie "für andere Aufgaben benötigt". Tresckow war es offensichtlich gelungen, wenn auch nur für einige Tage, im Einvernehmen mit der 9. Armee die SS mit rein militärischen Aufgaben einzudecken und sie so von den Aufgaben fernzuhalten, die Himmler ihr zugedacht hatte. Freilich mußte man für solche Tricks dann immer auch eine plausible Ausrede in der Hinterhand haben.

Zurück zur Hauptfrage: Wie war es möglich, daß die höchsten Feldmarschälle, Generale und Admirale der Wehrmacht - es ging doch alle miteinander an, nicht nur die Oberbefehlshaber des Ostheeres - nicht im Frühjahr 1941 auf der Stelle "Ungnade wählten, wo Gehorsam keine Ehre brachte", wie Johann Friedrich Adolf von der Marwitz sich gegen den König entschieden hatte. Wie konnten diese Offiziere zulassen, daß in dem eroberten Gebiet ein rechtsloser Raum entstehen würde, den Himmlers SS und Polizeibataillone dann "säubern" sollten? Wo blieb das Ehrgefühl von Offizieren, das nicht zuließ, den Krieg auch gegen Nichtkämpfer oder Nicht-mehr-Kämpfer, gegen die Zivilbevölkerung, Verwundete und Kriegsgefangene fortzusetzen?

Daß auch die sowjetische Armee und die Partisanen sich nicht an die herkömmlichen "Gebräuche des Krieges" hielten, taugt nicht als Einwand, schon deshalb nicht, weil die "verbrecherischen Befehle" schon vor dem Angriff ausgegeben waren und auch deshalb nicht, weil das humanitäre Völkerrecht die Unterzeichnerstaaten bedingungslos verpflichtete, auch ohne Gegenseitigkeit.

Die Gruppenbiographie dieser Generation von Oberbefehlshabern erklärt einiges. Hürter spricht mit Recht von der "Labilität" der Offiziersehre in dieser Zeit. Es war nicht mehr das Jahrhundert der Marwitz oder von Lessings Major von Tellheim. Auch sie waren wohl eher Ausnahmeerscheinungen in ihrer Zeit - doch jedenfalls wurden sie Inbegriff des "anständigen Offiziers", der Schwache und Wehrlose schützt.

Der Ehrbegriff hängt am Recht. Die beiden Begriffe bedingen einander. Verwerfliches Handeln kann keine Ehre bringen, und Recht, das nicht geehrt, nicht beachtet wird, ist abwesend. Die Ehre des Offiziers, die eine Kulturleistung gewesen war, verlor ihre Stabilität, als politische Romantik und Nationalismus den Wert der eigenen Nation über den aller andern stellte, erst recht der nicht europäischen in den Kolonialkriegen gegen die "Wilden". Hitler begriff seinen Ostkrieg als einen Kolonialkrieg, barbarisch, als Krieg gegen "Slawen", Juden, die bolschewistische "Bestie" und "asiatische Horden". Die Feldmarschälle teilten mindestens die Selbstüberhebung der eigenen Nation und die Minderbewertung osteuropäischer Völker.

Trotz allem, was an Hitlers Vernichtungsfeldzug im Osten Europas besonders war - die Kolonialgeschichte der europäischen Seefahrernationen nahm das Grundmuster gleichsam reihum vorweg. Die Spanier waren die ersten, die damit zu tun hatten. Die Konquistadoren warfen in exemplarischer Weise die Frage auf, ob die Indios Menschen oder Tiere seien, die man jagen oder vertreiben dürfe. Diese Anfang des 16. Jahrhunderts geführte Debatte endete mit der Feststellung spanischer Theologen, daß die Indianer Amerikas Kinder Gottes seien wie die Spanier, Portugiesen und die anderen Europäer. Die Feststellung der Gleichheit aller Völker vor Gottes Angesicht wurde zur Grundlage des modernen Völkerrechts, auch der Entwicklung des Kriegsvölkerrechts und des humanitären Völkerrechts. Die letzte Antwort auf Hürters Frage ist einfach: Es lag daran, daß das vorpolitische, das religiöse Grundmaß von Recht und Ehre, und dies nicht nur bei den Offizieren, außer acht gekommen war.

 

Prof. Dr. Günther Gillessen war außenpolitischer Redakteur für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und lehrte an der Universität Mainz.

 

Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/43, herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte. Oldenbourg Verlag München 2006, 715 Seiten, gebunden, Abbildungen, 49,80 Euro

Fotos: Porträts der Wehrmachts-Generale Walter v. Reichenau, Günther v. Kluge, Heinz Guderian, Wilhelm Ritter v. Leeb, Fedor v. Bock, Gerd v. Rundstedt, Georg v. Küchler, Erich v. Manstein, Erich Hoepner, Hermann Hoth: Ihr Gehorsam brachte keine Ehre


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen