© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/06 10. November 2006

Zeitschriftenkritik: Unsere Agenda
Amerika, du hast es besser
Werner Olles

Die fünfte Ausgabe der im Auftrag der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) von Harald Bergbauer, Till Kinzel und Caspar von Schrenck-Notzing herausgegebenen Zeitschrift Unsere Agenda beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Inhalten und Ergebnissen einer dreitägigen Tagung auf Schloß Vanenburg, zu der sich auf Einladung der niederländischen Burke-Stiftung Anfang Juli konservative Intellektuelle aus zwölf europäischen Ländern und den USA trafen. Als Vorbild und organisatorisches Modell galt das 1953 als Studentenorganisation gegründete amerikanische Intercollegiate Studies Institute (ISI), das heute 80.000 Mitglieder umfaßt, über einen Jahresetat von etwa 11 Millionen Dollar verfügt, jährlich ca. zwanzig Bücher und mehrere Zeitschriften herausgibt.

Eine Übertragung des ISI-Modells auf Europa sei jedoch problematisch, schreibt Caspar von Schrenck-Notzing. Der einheitliche Sprachraum Nordamerikas, die Erfolgsgeschichte privater Initiativen und Stiftungen und eine wahre Renaissance der verschiedenen Spielarten des Konservativismus in Politik, Medien und Wirtschaft bieten eben andere, bessere Voraussetzungen als in Europa, wo konservative Ideen weder in den Parteien noch im Kulturbetrieb oder gar in den öffentlichen Medien zum Ausdruck kommen. Ein weiterer Beitrag über die Vielfältigkeit und Lebendigkeit des amerikanischen Konservativismus - das politische Magazin National Review hat beispielsweise 150.000 Abonnenten - läßt speziell den deutschen Leser geradezu vor Neid erblassen. Doch ist das ehrgeizige Projekt eines europäischen ISI immerhin ein erster Schritt, um der Resignation entgegenzuwirken. So soll als zentrales Büro zur Koordinierung der Treffen, Konferenzen, Denkschulen und nationalen Organisationen einer politischen und kulturellen europäischen Rechten zunächst die Edmund Burke-Stiftung in Den Haag dienen.

In seinem Porträt des in Österreich geborenen Politikwissenschaftlers Paul Gottfried beschreibt Harald Bergbauer diesen als "Hauptvertreter" des sogenannten Paläokonservatismus, der im Vergleich zum Neokonservatismus "intellektuell reicher und historisch tiefer" sei, jedoch in Europa viel zu wenig Beachtung finde. Der Autor stellt Gottfrieds Trilogie über den demokratischen Verwaltungsstaat vor, von dem in deutscher Sprache leider nur der zweite Band ("Multikulturalismus und die Politik der Schuld", Graz 2004) vorliegt. Hier weist der am Elizabethtown College in Pennsylvania lehrende Gottfried nach, wie eine Kulturindustrie, "die mit allen Mitteln antifaschistische und multikulturelle Anliegen propagiert", gemeinsam mit staatlichen Instanzen allen Versuchen um ein ausgewogenes und wahrheitsgetreues Bild der historischen Entwicklung mit der Keule des Extremismusvorwurfs begegnet. Eine von oben bewußt geförderte geistige Konformität und politische Korrektheit erzwingt von den Bürgern Wohlverhalten gegenüber universalistischen Idealen, z.B. Homo-Ehen etc. Gottfried bezeichnet dies als eine "aus postmarxistischem Ideengut gespeiste moralische Doktrin". 

Anschrift: Knöbelstr. 36, 80538 München


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