© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/06 27. Oktober 2006

Leserbriefe

Zu: "Wer gedenkt am eifrigsten" von Matthias Bäkermann, JF 42/06

Fachkenntnisse statt Haß

Zug um Zug werden hier Persönlichkeiten diffamiert, die selbst von den gnadenlosen Siegertribunalen unbehelligt geblieben sind. Willy Messerschmidt und Claude Dornier waren geniale Flugzeugkonstrukteure, deren Leistungen - nicht nur in Fachkreisen - weltweit anerkannt werden.

In schweren Kriegszeiten hat Willy Messerschmidt mit seinem ersten einsatzfähigen Düsenjäger Me 262 einen Beitrag leisten wollen, um dem anglo-amerikanischen Bombenterror Einhalt zu gebieten. Daß der voraussehbare Erfolg durch den Starrsinn Hitlers vereitelt wurde, der das Flugzeug völlig zweckentfremdet mit einer Bombe sinnlos nach England fliegen ließ, anstatt es seiner Bestimmung entsprechend gegen einfliegende Bomberverbände einzusetzen, was in nur geringem Maße geschah, gehört mit zur Tragik unserer Niederlage.

Im übrigen waren die Konstruktionen beider Flugzeugbauer wahre Volltreffer und richtungweisend für die weitere Entwicklung der gesamten Luftfahrt. Auch ehemalige Kriegsgegner haben in nicht geringem Maße daraus Nutzen gezogen. Siegfried Benker empfehle ich, sich einige Geschichts- und Fachkenntnisse zu erwerben, damit seine unqualifizierte Beurteilung nicht von blindem Haß, sondern mehr Sachlichkeit geprägt wird.

Gerd-Joachim Kalkowski, Hildesheim

 

Zu: "Ende der konservativen Revolution" von Elliot Neaman, JF 42/06

Erprobte Wahlkampfrezepte

Dem zynisch angehauchten Bericht über "Das Ende der konservativen Revolution" in den USA, den Elliot Neaman Ihren Lesern besorgt, habe ich nichts hinzusetzen. Jedoch wäre es geboten, auf seinen Hinweis auf die "Keiltaktiken" der jeweiligen republikanischen Berater einzugehen, Karl Rove voran. Besagte Taktiken, wie das Pochen auf gleichgeschlechtliche Ehen oder die zweckdienliche Bemühung einer schon verstaubten Verbotsvorlage gegen das Verbrennen der amerikanischen Flagge, erweisen sich als schon erprobte Rezepte für Republikanische Wahlsiege. Sie werden aus der Mottenkiste hervorgeholt, wenn man im Vorfeld einer schwierigen Wahl steht und wenn die Strategen sich gedrängt fühlen, die rechts geneigte Basis anzusprechen.

Außer der Ernennung von nichtlinken Bundesrichtern, die mit Prunk bestallt wurden, hat die dermalige Verwaltung minimal versucht, die Treue ihrer Kernwähler zu bewahren. Gleich wo man sich hinwendet, sei es auf seine Einwanderungspolitik, seine Aufwände an Sozialprogramme, sein Kuschen vor Minderheiten oder die antifaschistischen Worthülsen, mit denen Bush seinen Angriffskrieg rechtfertigt, hat der Präsident wenig ausgerichtet, die fortgesetzte Hingabe seiner konservativen Basis zu verdienen. Was jetzt passiert, ist, daß die Betrogenen den ganz schäbigen Schlich herausbekommen, und das gibt natürlich Knatsch.

Der republikanischen Politik der schwankenden Mitte, die von Kanzlerin Merkel weiter- oder wiederverwertet wird, sei ein besseres Modell der konservativen Selbstbehauptung entgegenzuhalten. Ein Gegenbeispiel dafür gibt die Errungenschaft der flämischen Nation ab, die eine rechtsdemokratische Bewegung stolz vorantreibt. Im Widerspruch zum krassen Kalkül der Republikaner steht das Erfolgsunterfangen von Paul Belien und seiner Ehefrau Aexandra Colen, den tradierten liberalen Nationalismus bei den Flamen wiederzuerwecken. Angesichts dieser sachgemäß etikettierten "konservativen Revolution" wäre es eine Belanglosigkeit, wenn Bush, Rove und andere Alltagspolitiker desselben Formats in der Versenkung schwinden würden.

Prof. Dr. Paul Edward Gottfried, Elizabethtown, USA

 

Zu: "Europa unter Druck" von Claudia Hansen, JF 42/06

Ohne EU boomt die Türkei

Seit Jahren kämpfe ich gegen die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union. Ich teile die Sorge, die derzeitigen Verhandlungen könnten in eine Sackgasse führen. Trotzdem sehe ich darin auch eine Chance.

Vor knapp einem Jahr sagte mir ein türkischer Geschäftsmann in Izmir: "Ich bin für die Verhandlungen über eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union, weil das die innertürkischen Reformen befördert, aber ich bin gegen einen Beitritt, weil die europäische Gleichmacherei der türkischen Wirtschaft schadet."

Ich selbst sehe die Sache so: Die laufenden Verhandlungen haben den Vorteil, daß beide Parteien sich besser kennenlernen. Dabei wächst die Einsicht, und zwar auf beiden Seiten, daß eine Vollmitgliedschaft nicht die optimale Lösung ist. Die Europäer sehen ein, daß die Türkei wegen ihrer Größe, Lage, Religion, Geschichte und Kultur nicht in die EU paßt, und die Türken werden sich bewußt, daß sie ohne die EU besser weiterkommen. Die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist sogar vermutlich deshalb so dynamisch, weil es nicht zur EU gehört.

Die Türkei kann ihre vorgegebene Rolle als Scharnier oder Brücke zwischen Orient und Okzident wahrnehmen, und zwar in wirtschaftlicher, religiöser und kultureller Hinsicht. Solch eine Funktion wird dem Nationalstolz der Türken weit besser gerecht als die eines Außenseiters in der Europäischen Union. Zudem könnte die Türkei eine führende Rolle beim Zusammenschluß mit ihren Nachbarn im Nordosten spielen. Diese Turkvölker sind ihr unter anderem durch Sprache, Religion und Geschichte verbunden.

Dr. Rudolf Binsack, Bad Homburg

 

Zu: "Ein Schill für Bremen?" von Markus Schleusener, JF 42/06

Nicht in einen Topf

Der Beitrag zeigt wieder einmal, daß es die "Vereinigte Rechte" nicht gibt. Stellt sich hier doch auch die Frage: Wer oder was ist die vereinigte Rechte? Was unterscheidet Joachim Siegerist und den Nicht-mehr-Parteivorsitzenden Heiner Kappel auf der einen und die DVU/NPD auf der anderen Seite? Für die Medien sind alle Akteure einfach nur Rechte, und man wirft sie in einen Topf. Als Mitglied der DP und stellvertretender Landesvorsitzender möchte ich aber nicht mit Herrn Siegerist und Herrn Kappel in einen Topf geworfen werden.

Johannes Schwefel, Mannheim

 

Zu: "Disziplin und Ganztagsschule" von Ellen Kositza, JF 41/06

Pädagogisches Alibi

Der treffenden und wohltuenden Kritik von Ellen Kositza an dem "Lob der Disziplin" von Bernhard Bueb kann man bis ins Detail nur zustimmen. Wer hätte vor zwanzig Jahren, als wir eine sozialistisch gelenkte Schulpolitik hatten, als Lernwille, Leistung, gutes Benehmen und Vermitteln von Werten systematisch verteufelt wurden, geglaubt, daß jemand mit der Forderung nach Disziplin und Erziehung überhaupt Gehör finden würde? Doch es ist beschämend und bezeichnend zugleich, daß diejenigen, die unsere Bildungsmisere zu verantworten haben, mit der Forderung nach der Ganztagsschule heute in der ersten Reihe der "Reformer" stehen.

Lassen wir uns aber nicht täuschen: Die Ganztagsschule als pädagogisches Alibi und Antwort auf die Pisastudie ist nur die späte Rache der Verfechter einer gescheiterten Gesamtschulpolitik. Es ist zu befürchten, daß die nivellierende Indoktrinationsanstalt Gesamtschule nur durch ein neues Kasernierungsmodell zur Zerstörung der Familie ersetzt wird.

Manfred Lückel, Bad Berleburg

 

Zu: "Deutschland schrumpft und schrumpft" von Ronald Gläser, JF 41/06

Kinder als Unterhaltung

Der Grund für die demographische Lage in Deutschland ist viel banaler, als die meisten glauben. Das Aufziehen von Kindern gilt heute nicht mehr als übergeordneter Lebenszweck, sondern konkurriert mit einer Vielzahl von verschiedenen "Unterhaltungsangeboten" des Lebens wie Fernsehen, Computer, Wellness, schöne Reisen oder anderen zeitaufwendigen Hobbies.

Der Rückgang der Religion trägt ebenfalls dazu bei, denn er führt zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts in das Hier, Jetzt und Sofort. Da sind Kinder als ideelle Zukunftsinvestition, die keine materielle Rendite abwirft, eben nicht gefragt. Hinzu kommt auch, daß Glücksmomente der Eltern mit ihren Kindern eher "stille Momente" sind. Nach außen erscheinen Kinder gegenüber Nicht-Eltern aber oftmals als "quengelnde Quälgeister" und wirken bei jenen, die ohnehin von Kindern nicht überzeugt sind, zusätzlich abschreckend.

Eltern möchten ihr Glück nicht missen, aber viele Kinderlose vermissen eben auch nichts. Da nichts dafür spricht, daß diese Faktoren sich auf absehbare Zeit maßgeblich ändern, wird die stille Hoffnung vieler Konservativer auf eine Trendwende sich auch nicht erfüllen.

Markus Seebass, Berlin

 

Zu: "Am Ende der Lindenstraße" von Thorsten Hinz, JF 41/06

Gute Nacht, Deutschland!

Der Staatskulturbetrieb öffentlich-rechtliches Fernsehen hat den Film "Wut" in die Nachtzeit verbannt, und dafür mußte eine Erklärung herhalten, die durchschaubarer wohl nicht sein konnte: der Jugendschutz. Wen interessiert der beispielweise, wenn im Mittags- und Nachmittagsprogramm sich in Talkshows Exhibitionisten bekeifen? Glaubt man wirklich, das Volk wisse nicht bereits, daß die mafiösen Strukturen und Handlungsweisen nicht integrierbarer ausländischer Jugendlicher allen längst bekannt sind? Der Film - von der Idee, Geschichte und den schauspielerischen Leistungen überzeugend gemacht -, zeigt, daß die deutsche Realität zwar von Politikern gern schöngeredet wird, leider aber Tatsache bleibt. Wie recht Sie doch haben, Dieter Stein! Multikulturelle Realität ist in Deutschland angekommen! Na dann, gute Nacht, Deutschland!

Claus Hörrmann, Neustadt

 

Zu: "Zu unserer Kultur stehen!" von Peter Scholl-Latour, JF 41/06

Wir sind erpreßbar geworden

Der Artikel spricht uns voll aus dem Herzen. Wir sind auch der Meinung, daß solche kritikwürdigen Geschmacklosigkeiten wie die Inszenierung von Hans Neuenfels überhaupt nicht begangen werden dürfen. Oder wollen wir wirklich den festen Boden unserer christlichen Kultur schon verlassen, wie Peter Scholl-Laotur schreibt? In dem Fall brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn man mit uns machen kann, was man will, und wir dadurch erpreßbar werden.

Kurt und Renate Alt, Leipzig

 

Aus Respekt, nicht aus Angst

Peter Scholl-Latour kritisiert in diesem Artikel zu Recht die Arroganz vieler Theatermacher, die aus Mangel an Talent, eigene Stücke zu schreiben, statt dessen klassische Stücke wie Mozarts "Idomeneo" verfälschen und dabei das Christentum in den Dreck ziehen. Mozart würde sich über die Inszenierung an der Deutschen Oper in Berlin vermutlich im Grabe umdrehen. Ebenfalls zu Recht weist Scholl-Latour auch auf die dubiose Haltung ausgerechnet christdemokratischer Politiker hin, die sich für dieses Stück einsetzen. Klar ist, daß wir zu unserer Kultur stehen und uns weltweit für die Religionsfreiheit einsetzen müssen. Stücke wie "Idomeneo" gehören deshalb abgesetzt, und zwar aus Respekt vor den Religionen und nicht aus Angst vor Tumulten oder Anschlägen.

Agnes Straub, Karlsruhe

 

Zu: "Und wenn dann der Kopf rollt ..." von Jens Knorr, JF 41/06

Feige Gesichtzeiger

Da haben uns die zuständigen Herrschaften einen, wenn auch unbeabsichtigten, staatsbürgerlichen Unterricht erteilt. Wirft nicht dieser Personenkreis unseren Eltern und Großeltern vor, im Dritten Reich zu wenig oder gar keinen Widerstand geleistet zu haben? Diese Herrschaften hätte ich als Widerstandskämpfer sehen wollen, wo sie doch heute schon bei ungefährlicheren Anlässen den Schwanz einziehen. Es ist halt sehr viel einfacher, in einer von einer Hundertschaft Polizei geschützten Demonstration "gegen Rechts" mitzumarschieren (pardon, marschieren tun nur die Rechten), als wirklich "Gesicht zu zeigen", wenn es persönlich werden könnte. Was sind diese Gesichtzeiger doch für Feiglinge.

Bernd Distelrath, Singen

 

Zu: "Feigheit regiert Europa" von Dieter Stein, JF 40/06

Frage der Machtverhältnisse

Viele verteidigten die Möglichkeit zur Gotteslästerung als Bestandteil der Freiheit der Kunst oder der Meinungsfreiheit. Da von den Anhängern der christlichen Religionen keine die öffentliche Ordnung störenden Reaktionen zu erwarten waren, schritt man dagegen von Staats wegen nicht ein.

Nun haben die Freunde des Fortschritts aber ein paar Millionen Angehörige einer Kultur ins Land gelassen, die auf derartige Beleidigungen noch fundamentalistisch reagiert, nämlich mit Brandschatzung und Totschlag. Damit wird der Staat zum Eingreifen gezwungen.

Für welches Grundrecht er sich bei der Güterabwägung entscheidet, ist auch eine Frage der Machtverhältnisse, und unsere Politiker haben zumindest begriffen, daß diese vor dem Kippen sind. Veit Harlan hätte nach 1945 die Berufung auf die "Freiheit der Kunst" zur Verteidigung seiner Verfilmung des "Jud Süß" wenig genützt, und aufschlußreicherweise sparte Herr Neuenfels aus seinem Gemetzel auch die Religion aus, deren Gott vom Stammvater seines auserwählten Volkes die Opferung des eigenen Sohnes verlangte und der durch seine Propheten immer wieder zum Völkermord an unterlegenen Nachbarn aufstachelte. Da hätten die offiziellen Stellungnahmen wohl anders ausgesehen.

Hans-Christof Tuchen, Berlin

 

Zu: "Staat ohne Räson" von Thorsten Hinz, JF 40/06

Weltmacht Rußland

Wenn es in der Welt eine neue Krise gibt, heißt es oft, die internationale Staatengemeinschaft ist gefordert. Gehört Rußland nicht zur internationalen Staatengemeinschaft? Unsere Soldaten sind zu Tausenden in aller Welt, und wo sind russische Soldaten? Rußland, das so gerne eine Weltmacht sein will. Oder warten die russischen Truppen, bis in den europäischen Multikulti-Staaten Krisen entstehen - was wir nicht hoffen wollen -, um dann hier eingesetzt zu werden, da unsere Soldaten "in aller Welt" sind.

Johannes Halm, Köln

 

Zu: "Museumsreife Technik" von Manfred Kölsch, JF 39/06

Abhängigkeit statt Sicherheit

Die Kerntechnik als "museumsreife Technik" abzuqualifizieren und damit jede weitere Forschung auf diesem Gebiet verhindern zu wollen, ist objektiv falsch. Es scheint sich um grüne Vorstellungen zu handeln, die stark an Morgenthau erinnern. Mit einem Ausstieg kaufen wir uns keine Sicherheit ein, wohl aber Abhängigkeit von französischem Atomstrom oder russischem Erdgas, denn alternative Energien können uns in absehbarer Zeit nicht unabhängig machen und vor allem Deutschland nicht als Industriestandort erhalten.

Doris und Winfried Schön, Mettmann

 

Zu: "Der rituelle Kurzschluß" von Thorsten Hinz, JF 37/06

Gesinnungsschnüffelei

In der Thüringischen Landeszeitung vom 1. September 2006 wird die JUNGE FREIHEIT als "am ultrarechten Recht angesiedelt" eingeschätzt. Diese Einschätzung stammt vom SPD-Jungpolitiker Carsten Schneider, der sich in seiner Heimatstadt eines sehr umstrittenen Rufes erfreut. Zusätzlich hält der Herr Bundestagsabgeordnete, (der gleich nach Lehrabschluß mit zwanzig Jahren den Sprung in die Politik schaffte und über keinerlei Berufserfahrung verfügt) sowohl für Nike Wagner als auch die Thüringer Zeitungsleser einen Tip bereit: "Mit der JUNGEN FREIHEIT redet man nicht", so dessen von Lebenserfahrung strotzender Ratschlag.

Ein Jungeinsteiger erlaubt sich also heute zu bestimmen, mit wem der mündige Bürger das Gespräch sucht beziehungsweise zu suchen hat. Die Unverfrorenheit einiger Politiker kennt keine Grenzen mehr und erinnert mich sehr an die Gesinnungsschnüffelei im SED-Regime.

Hans-Peter Brachmanski, Erfurt


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