© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/06 20. Oktober 2006

Frisch gepresst

Percy Ernst Schramm. Von Geburt an war für den Sohn des Hamburger Senators und späteren Bürgermeisters Max Schramm stets der Mantel der Geschichte in Reichweite. Auf "Neun Generationen" (1963/64) seiner eigenen, das Geschick der Hansestadt prägenden Familie blickt er in seiner heute noch unverzichtbaren Kulturgeschichte Hamburgs zurück. 1925 heiratet der junge Historiker natürlich auf Gut Trieglaff, wo Bismarck einst für Johanna von Putt-kamer entflammte und wo in Steinwurfweite der pommersche Uradel "sitzt". Seine Braut entstammt selbstredend diesen Kreisen: Ehrengard von Thadden-Trieglaff. So geht es munter weiter, bis Major Schramm im Auge des Orkans das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht führen darf, das er nach dem Zweiten Weltkrieg auch ediert. Früh errang er Ruhm als Mediävist - seit 1929 als Dozent in Göttingen- und als ein durch Aby Warburg geschulter Fachmann für mittelalterliche "Herrschaftszeichen und Staatssymbolik". Auf diesen Sektor der bunt schillernden Biographie konzentriert sich die in siebenjähriger Fron entstandene Gießener Dissertation David Thimmes: Percy Ernst Schramm und das Mittelalter, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, 670 Seiten, gebunden, 39, 90 Euro.

Hitlers Auge. Auf die Öffnung des legendären Bildarchivs von Walter Frentz mußte man lange warten. Zwar hat der 2004 fast hundertjährig in einem Überlinger Altersheim verstorbene "Fotograf des Führers" viele seiner Farbporträts von Ritterkreuzträgern und Parteigrößen für, wie man ihm heute vorwirft, "rechtsextreme" Publikationen zur Verfügung gestellt, die das Dritte Reich "verherrlichen", aber in der ganzen Breite ist sein Fundus bislang noch nicht dokumentiert worden. Es ist dem Sohn, Hanns Peter Frentz, zu danken, daß dies jetzt geschieht. Unter der Ägide des Herausgebers Hans Georg Hiller von Gaertringen haben sich Filmwissenschaftler, Zeit- und Kunsthistoriker vereint, um 172 Farbbilder sowie 123 Duoton-Abbildungen aufzubereiten, die aus dem "Zentrum der Macht", aus der "Wolfsschanze" und vom "Berghof" stammen, die aber auch, offenbar nur als winzige Auswahl, großdeutsch-europäischen Alltag zwischen Atlantikwall und den Trümmern Dresdens festhalten (Das Auge des Dritten Reiches. Hitlers Kameramann und Fotograf Walter Frentz, Deutscher Kunstverlag, München-Berlin 2006, gebunden, 256 Seiten, Großformat, 39,90 Euro).


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