© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/06 29. September 2006

Amazoniens letzte Stämme
Bedrohte Urwaldvölker
Werner Olles

Der Filmemacher, Autor und Journalist Gernot Schley hat in Lateinamerika Geschichten von Menschen gesammelt, deren natürlicher Lebensraum mit der fortschreitenden rücksichtslosen Abholzung der tropischen Regenwälder durch internationale Holzkonzerne bedroht ist. Im ständigen Überlebenskampf sind viele der kleinen Indianerstämme in den dichten, noch weitgehend unerforschten Dschungeln am Amazonas durch die ökologischen und sozialen Folgen der gewaltigen Zerstörungen bereits entwurzelt. Andere indigene Völker leben noch im Einklang mit der intakten Natur und haben sich ihr kosmisches Wissen und magisches Denken bewahrt. Wie lange sich Stämme wie die Zuruahá, die Palmeri-Indianer oder die "Cinta Larga" gegen mächtigen, gewaltbereite Großgrundbesitzer und Holzfäller noch halten können, ist allerdings ungewiß, denn das Schicksal der letzten Indigenas dieser Erde ist der Indianerbehörde Funai und der brasilianischen Regierung offenbar ziemlich egal.

Schley, der monatelang mit den Kautschukzapfern durch die Wäder gestreift ist, mit Missionaren, Holzfällern, Siedlern und Facenderos gestritten hat, die erniedrigten Landarbeiter in ihren Hütten in der Wildnis aufsuchte, dokumentiert den Kampf der Ureinwohner um die Wälder ohne Romantisierung oder Wertung. Statt dessen hält er fest, wie sie leben und was sie uns zu sagen haben. Ungewöhnliche Geschichten sind dabei entstanden, hautnah erzählt und wahrhaftig wiedergegeben. Der Autor läßt Widersprüchliches stehen, analysiert nicht und klagt nicht an, sondern beschreibt, was er hört und sieht. Dies verleiht den Erzählungen eine besondere Authentizität.

So ist das Buch wie ein Aufbruch in eine fremde Welt voller Geheimnisse und Überraschungen. Schleys journalistische Streifzüge durch die tropischen Regenwälder erzählen von Menschen, Stämmen und Völkern, die trotz Armut, Erschöpfung und Unterdrückung nicht aufgehört haben, von einem Dasein ohne Erniedrigung und Hunger zu träumen, von einer gerechteren Welt und von einem Leben, in dem auch sie ein wenig Würde erfahren. Doch die Geschichten aus den Wäldern zeigen auch, daß die Realität anders aussieht.

Gernot Schley: Zuruahá. Geschichten aus dem Regenwald. Horlemann Verlag, Bad Honnef 2006, gebunden, 142 Seiten, Abbildungen, 14,90 Euro


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