© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/06 29. September 2006

Beim konservativen Traditionalismus gelandet
Die Metamorphosen des Architekten Rob Krier vom Bauhaus-Kubismus zum "törichten Historismus"
Claus-M. Wolfschlag

Rob Krier zählt zu den pointiertesten Vertretern des Bau-Traditionalismus in der Gegenwart. Ende letzten Jahres widmete ihm sogar das Deutsche Architektur Museum in Frankfurt am Main eine Retrospektive. Zahlreiche sensible Originalzeichnungen Kriers finden sich in einem umfangreichen Begleitband wieder.

Rob Krier wurde 1938 im luxemburgischen Grevenmacher geboren, studierte Architektur an der Technischen Universität in München, fungierte dann als Mitarbeiter von Oswald Mathias Ungers und Frei Otto. Ab den siebziger Jahren verwirklichte Krier eigene Entwürfe, die anfänglich noch von der weißen Kubigkeit der Bauhaus-Moderne geprägt waren, schließlich in die Postmoderne überglitten, um heute bei einem klar konservativen Traditionalismus zu landen.

Als der geistige Kopf jener postmodernen Rückbesinnung gilt eigentlich Robs jüngerer Bruder Leon Krier, Autor der programmatischen Schrift "Freiheit oder Fatalismus" und Hausarchitekt von Prince Charles. Leon konnte wohl maßgeblich Einfluß auf die Arbeit seines Bruders Rob nehmen. So wurde aus dem postmodernen Spiel mit historischen Zitaten bei Rob Krier immer Ernst. "Ich verstand, daß das Werk Le Corbusiers in eine Sackgasse führte", wird Krier zitiert.

Vor allem die moderne Isolierung der Gebäude voneinander, die nur zu inhalts- und seelenlosen Stadträumen führte, wollte Krier durch städtebauliche Gesamtkonzeptionen in Anlehnung an Barock und Klassizismus überwinden. Gebäude sollten wieder identifizierbar werden, also die klassische Aufteilung in Sockel, Hauptgeschoß und Attika aufweisen. "Heimat", "Nachbarschaft" und "Sicherheit" sollten baulich organisiert werden. Die pure wirtschaftliche Zweckmäßigkeit gehörte überwunden. Form und Idee dienten der ästhetischen Erziehung.

"Keine Experimente mehr", war seine Devise. Ganz passend wird Krier deshalb in dem Buch als "romantischer Rationalist" bezeichnet. Kriers Dissidenz blieb, wie der Band belegt, nicht ohne Widerspruch durch die mächtige modernistische Lobby. Von "Fassadenkunst" und "törichtem Historismus" sprachen deren Vertreter.

Die alte Stadtstruktur der vergangenen Jahrhunderte sei tot, höhnte Thomas Sieverts, "die Wiederherstellung von Urbanität" aus dem Geist der Geschichte, dem "Kult der Bodenständigkeit", nicht machbar. Helmut Böhme zeigt anschaulich die an die Wand gemalten Schreckszenarien einer Allianz aus Postmoderne und "Rechtspopulismus". Und Bart Lootsma sinniert selber skeptisch: "Zwischen dem ermordeten Pim Fortuyn und Rob Krier gibt es viele Berührungspunkte."

Krier wird es kaum stören. Besonders in den Niederlanden konnte er in den letzten Jahren Erfolge feiern, denn die Bewohner seiner Häuser sind stets angetan von deren Kleinteiligkeit und regionalem Einfühlungsvermögen.

Ursula Kleefisch-Jobst, Ingeborg Flagge (Hrsg.): Rob Krier. Ein romantischer Rationalist. Architekt und Stadtplaner. Springer Verlag Wien 2005, gebunden, 228 Seiten, Abbildungen, 25 Euro


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