© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/06 01. September 2006

Keine Kampftruppe
von Ivan Denes

Nach langen internen Auseinandersetzungen hat die Regierungskoalition entschieden, 1.200 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Uno-Friedensmission in den Libanon zu entsenden. Es werden in erster Linie Marinesoldaten sein, die das über die Hisbollah verhängte Waffenembargo entlang der libanesischen Küste sichern sollen. Ansonsten sollen lediglich Einheiten der Bundespolizei den Libanesen beistehen, voraussichtlich auf dem Flughafen von Beirut. Zudem hat Syriens Präsident Baschar al-Assad gedroht, er werde die Grenze hermetisch schließen, sollten Blauhelme an der syrisch-libanesischen Grenze auftauchen. Außerdem könnten Uno-Truppen die Gebirgspfade der traditionellen Drogen- und Waffenschmuggler im Norden kaum überwachen.

Warum Verteidigungsminister Franz Josef Jung das deutsche Kontingent als "Kampftruppe" bezeichnet, bleibt daher ein Mysterium - es sei denn, er befürchtet Zusammenstöße der deutschen mit der israelischen Marine, die derzeit die libanesische Küste blockiert. Das ist nicht zu erwarten. Allerdings haben israelische Kommandoeinheiten ihre tödlichen Missionen schon vom offenen Meer her oder über die Küste durchgeführt. Dennoch dürfte die Libanon-Präsenz der Bundeswehr vergleichsweise weit weniger risikoreich sein als etwa die "Verteidigung der Sicherheit der Bundesrepublik am Hindukusch" oder der Einsatz im in Daueranarchie versunkenen Kongo. Diese mehr als zweifelhaften Einsätze hätte man längst einmal hinterfragen sollen - bevor man sich in ein weiteres Abenteuer stürzt.


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