© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/06 01. September 2006

Undurchsichtig
von Curd-Torsten Weick

Verwirrung pur. Während die einen noch müßig darüber diskutierten, ob "der Terror" Deutschland nun erreicht hat oder doch schon seit Jahren vor Ort ist, klang es wie ein Hilferuf, als Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) resümierte: "Wir müssen die Kontrolle des Internets verstärken. Dafür brauchen wir mehr Experten mit entsprechenden Sprachkenntnissen." Leider war es nur allzu offensichtlich. Politik, Verfassungsschutz und Polizei standen nach den mißlungenen Kofferbombenanschlägen lange Zeit überaus sprachlos da. Ohne die unverhoffte Unterstützung des libanesischen Geheimdienstes wären sie es wohl auch noch länger geblieben. "Es hat irgend etwas nicht funktioniert", erklärte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, und legte den Finger in die Wunde. Fünf Jahre nach dem 11. September 2001 hat sich in puncto Einblick in die undurchsichtigen islamistischen Strukturen in Deutschland wenig getan. Wie auch, wenn allein schon Experten mit entsprechenden Sprachkenntnissen fehlen.

Unterdessen tummeln sich Dschihadisten wie Fische im Wasser universitärer Strukturen, während Schäuble an die muslimischen Mitbürger appelliert, "keine falsch verstandene Solidarität mit gewaltbereiten jungen Leuten zu üben. Wir sind auf Informationen auch von jenen angewiesen, die nahe am Milieu dran sind." Doch jene Informationen scheinen nur spärlich zu fließen. Die Muslime fühlen sich - mal wieder - in die Ecke gedrängt. Kein gutes Omen für den für Ende September geplanten Islam-Gipfel.


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