© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Leserbriefe

Zu: "Die Stunde der Wahrheit" von Günter Zehm, JF 34/06

Fühlte Grass sich unantastbar?

Nun ist auch im diesjährigen politischen Sommertheater eine Bombe hochgegangen. Ein leibhaftiger Nobelpreisträger und moralische Instanz der Nation hat reichlich verspätet, seine Freiwilligenmeldung zur U-Boot-Waffe eingestanden, aber war schließlich in den letzten Kriegsmonaten in einem Panzer der Waffen-SS gelandet. Was für viele junge Deutsche aus damaliger Sicht fast eine Normalität des Krieges darstellte, wird heute zum Anlaß genommen, die Moralkeule zu schwingen und die Woge der Häme über den einst Gefeierten zusammenschlagen zu lassen. Hat Günter Grass das nicht voraussehen können, oder fühlte er sich als Ikone des deutschen Literaturbetriebes unantastbar? Oder war das alles ein abgekartetes PR-Manöver? Wie man inzwischen hört, hat sein Bekenntnisbuch Bestsellerpotential.

Hans-Alfred Berger, Bad Bramstedt

 

Schade für Schönhuber

Günter Grass war dabei. Schade, daß der Kamerad Schönhuber das nicht mehr erleben durfte!

Klaus-J. Grundner, Berlin

 

Scheinheilige Grass-Kritiker

Daran, daß Günter Grass sich nunmehr spät, aber doch dazu bekennt, seinerzeit im Alter von 17 Jahren zur Waffen-SS einberufen worden zu sein, ist nichts Verwerfliches zu finden. Ebenso wie es fraglich scheint, was denn überhaupt an einer Zugehörigkeit zu dieser Kampfeinheit verwerflich wäre.

Die nunmehrige Reaktion so mancher, welche in diesem Bekenntnis "das Ende einer moralischen Instanz" sehen wollen, läßt tief blicken. Wäre das "Geständnis" früher erfolgt, wäre den Büchern von Grass zweifellos jeder Erfolg versagt geblieben, ihn selbst hätte es bestimmt den Nobelpreis gekostet.

Die Kritiker von Grass sind scheinheilig, denn die meisten von ihnen finden nichts daran, die Stalin-Bejubler Bertolt Brecht und Schostakowitsch zu feiern! Brecht hat zum Beispiel im Jahr 1955 in Moskau den Stalin-Friedenspreis erhalten und persönlich entgegengenommen, Schostakowitsch hat dem Massenmörder Stalin einige seiner "größten" Werke gewidmet.

Dr. Peter Mussi, Klagenfurt

 

 

Zu: "Weg in die Sackgasse" von Paul Leonhard, JF 34/06

Schiefer Blick auf die CDU

Dem Autor scheint es vor allem um den finalen Schuß gegen die Dresdner CDU gegangen zu sein, die er als "heillos zerstritten" bezeichnete. Da weiß er offenbar mehr als die Dresdner CDU selbst. Von Zerstrittenheit kann weder in dieser Frage noch sonst die Rede sein. Die CDU steht vollständig und mit allen ihren Ratsmitgliedern zum von ihr wesentlich initiierten Bürgerentscheid zum Bau der Brücke. Die CDU prägt seit 1990 die Entwicklung der Stadt, die heute das Paradebeispiel für den erfolgreichen Aufbau Ost ist. Das konnte die Dresdner Union nur durch Geschlossenheit, Innovation und ein fest verankertes und mutig vertretenes Wertebewußtsein des selbstbewußten Bürgertums.

Vor lauter schiefem Blick auf die CDU ist dem Autor leider der eigentlich spannende Punkt der Debatte entgangen: wer in einer deutschen Stadt über die Stadtplanung entscheiden darf - die Bürgerschaft oder eine supranationale Organisation. CDU und FDP kämpfen für die Umsetzung eines Bürgerentscheides, der eine Zweidrittelmehrheit zugunsten des seit 1910 an dieser Stelle geplanten Brückenschlages ergeben hat. SPD, Grüne und PDS streiten für ein Verständnis von Denkmalpflege, das in Dresden darauf hinausliefe, daß quer durch eine aufbrechende Stadt ein Riegel gezogen würde, in dem keinerlei bauliche Veränderung mehr zulässig würde. Aus einer lebendigen Stadt würde ein bewohntes Museum, Gestaltungswille würde durch Stillstand ersetzt.

Der Streit um die Dresdner Brücke ist damit ein kleines Lehrstück für das Ringen um die Zukunft unseres Landes. Es geht um die Behauptung der Handlungshoheit gegen den Verzicht auf eigene Gestaltungsspielräume, um den Mut zur Zukunft gegen das Eingraben in einem Trugbild der Vergangenheit. Daß einer Zeitung mit intellektuellem Anspruch das entgeht, ist bedauerlich - daß es statt dessen nur zu einer Lüge über die größte Partei der Stadt reicht, ärmlich.

Maximilian Krah, Pressesprecher der CDU Dresden

 

 

Zu: "Blindfeuer ins Zedernland" von Günther Deschner, JF 33/06

Wer bombt, soll auch bezahlen!

Ganz gleich, wie der gegenwärtige Nahostkrieg militärisch ausgehen mag, eines steht heute schon fest: Der Wiederaufbau in Israel und im Libanon wird Jahre dauern und viele Milliarden verschlingen. Beide Kontrahenten, aber auch Vertreter von Uno, EU und BRD reden nun ganz unverblümt und selbstverständlich von einer Verpflichtung für die Europäer, "der wir uns nicht entziehen können".

Wie oft haben wir diese reflexartige Formel bereits gehört? Folgenschwere Signale vorauseilender Zahlungsbereitschaft kennen wir inzwischen von etlichen Konflikten. So leisten wir Europäer seit 2003 neben humanitärer Hilfe gewaltige Beiträge zum Wiederaufbau des Irak. Nach dem weltweit anerkannten Verursacherprinzip wäre dies alleinige Aufgabe des Aggressors USA und seiner im Irak stationierten "Koalition der Willigen". Wer zerstört, soll auch reparieren. Im israelisch-libanesischen Krieg dieser Tage müßten die jeweiligen Verursacher für die Schäden haften - wobei man die im Hintergrund agierenden Verbündeten ebenfalls zur Kasse bitten sollte: auf jüdischer Seite den Hauptunterstützer USA, auf Hisbollah-Seite die Finanziers und Waffenlieferanten Syrien und Iran.

Diese Akteure - und nicht wir regelmäßig geschröpften Europäer - haben die "moralische Verpflichtung", den Flüchtlingen in der Krisenregion zu helfen und die zerschossene Infrastruktur instandzusetzen. Es muß Schluß sein mit der bequemen internationalen Arbeitsteilung nach dem Motto: "Wir bomben. Ihr baut wieder auf." Die Rolle der Europäer ist neu zu definieren. Vermittler? Ja. Zahlmeister? Nein!

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

Einseitige Berichterstattung

Sie machen Ihrem Namen JUNGE FREIHEIT keine große Ehre, wenn Sie derart einseitig den Krieg im Libanon beschreiben. Sie rühmen die Schlagkraft der 8.000 ausgebildeten Hisbollah-Kämpfer, vergessen aber anzuführen, daß deren Ausbildung und Ausrüstung eine ständige Bedrohung für das libanesische Volk war, seine Souveränität untergrub, es letztendlich mit ihrer Absicht, Israel zu vernichten, in diese Kriegskatastrophe führte.

Solange Syrien nicht eine politische Verläßlichkeit wie die der Nachbarländer Jordanien und Ägypten vorweisen kann, ist es naiv zu glauben, daß durch die Rückgabe der Golanhöhen der politische Friede zwischen Syrien und Israel hergestellt werden kann. Am Ende entscheidet in allem die Frage nach der politischen Freiheit, die in Ihrem Artikel nicht gestellt wurde.

Eduard Biedermann, Hamburg

 

Nur zum Schutze unserer Heimat

Deutschland, wie alle anständigen Staaten der Welt, hat die Verantwortung, den Frieden zu bewahren und allen Völkerrechtsverletzungen entgegenzutreten. Der Einsatz von deutschen Soldaten ist dabei allerdings auszuschließen. Die deutschen Soldaten sind nur zum Schutze unserer Heimat da. Wir sind keine Weltgendarmen und wollen es auch nicht sein.

Deutschland war im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges nach dem Willen der Siegermächte ungewollt zum Schnittpunkt der Interessen der beiden Großmächte geworden. Nach dem Zusammenbruch dieses labilen, aber hoch wirksamen Systems zur Erhaltung des Friedens, war und ist Amerika im Glauben, als Sieger die Welt sich gefügig machen zu können.

Es ist ein gefährliches Spiel, die eigenen Interessen auf Kosten aller Menschen der Welt durchzusetzen. Dem Einhalt zu gebieten, wäre die verdammte Pflicht auch unserer Politiker. Sie sollten den eigentlichen Souverän des Staates, das Wählervolk befragen, wenn sie schon kein tragfähiges Konzept auf die Beine bringen. Es ist zu hoffen, daß die nächste Wahl das notwendige Korrektiv bringt.

Günther Einer, Dresden

 

Israel verdient Unterstützung

Das Handeln Israels ist nicht nur notwendig, sondern auch konsequent. Wer spricht von den Flüchtlingen und Toten auf israelischer Seite, unter denen zudem auch Araber sind? In seinem nationalen Abwehrkampf verdient Israel alle Unterstützung! Weder Deutschland noch Eu-ropa können sich einen Sieg der Hisbollah mit dem Iran und Syrien im Hintergrund leisten und sollten daher schleunigst aufhören, Israel als Kriegsverbrecher und rachesüchtigen Aggressor hinzustellen. Die gern gepflegte buhlende Koketterie mit arabisch-iranischen Extremisten muß ein Ende haben!

Christian Preuß, Bochum

 

Chirurgisch sauberer Krieg

Die latente, mehr oder weniger hervortretende Israelfeindlichkeit der JF ist nicht neu. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt. Dennoch sollte Günther Deschner bei den Fakten bleiben. Er schreibt: "Viel brutaler kann ein Staat einen Krieg kaum führen: Der libanesische Süden ist 'ethnisch' weitgehend gesäubert, das Gros der schiitischen Bevölkerung vertrieben." Verglichen mit der Intensität der Luftangriffe von seiten Israel ist dies nicht der "brutalstmögliche", sondern ein nahezu chirurgisch sauberer Krieg. Statistisch gibt es für zehn Luftangriffe der israelischen Armee genau einen toten libanesischen Zivilisten.

Weiter schreibt Deschner: "Dieser Tage kündigte ein führender General der fünfstärksten Armee der Welt ein weiteres gigantisches Kriegsverbrechen an: In der weiteren Eskalation werde man die Infrastruktur in einem solchen Ausmaß zerstören, 'daß es im Libanon für einige Jahre dunkel bleibt'." Was ist daran ein Kriegsverbrechen? Ziel eines jeden Krieges ist die Schwächung des Gegners, gerade auch durch die Zerstörung von wichtiger Infrastruktur, die dem Nachschub und der Aufrechterhaltung der militärischen Leistungsfähigkeit dienen kann. Dazu zählen insbesondere Versorgungswege, aber auch Fabriken und Energieversorgungseinrichtungen.

Erstaunlich auch, daß Deschner kein Wort über ein echtes Kriegsverbrechen verliert: Die Hisbollah stationiert ihre Raketenwerfer bevorzugt in Wohngebieten und im Schutze der Zivilbevölkerung. Dies ist in der Tat ein Kriegsverbrechen, was sämtlichen Regeln der geordneten Kriegführung widerspricht.

Sebastian Buck, Stuttgart

 

 

Zu: "Abtreibung als Massengeschäft" von Claudia Hansen, JF 33/06

Ein wichtiger Etappensieg

Der Erfolg der Lebensschützer im Prozeß gegen den tausendfachen Babytöter Stapf ist ein "wichtiger Etappensieg" im Kampf um das Lebensrecht der Ungeborenen. Aber Stapf und seine Gesinnungsgenossen werden sich dadurch von ihrem furchtbaren Tun nicht abbringen lassen; das zeigt ihr Vorhaben, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Der Etappensieg von München muß nunmehr tatkräftig ausgebaut werden. Deshalb tut es jetzt not, alle Kräfte zu mobilisieren, um die Öffentlichkeit, vor allem die ungewollt schwangeren Frauen darüber aufzuklären, was in den unheimlichen Räumen der "Kultur des Todes" tatsächlich geschieht.

Claus Jäger, Wangen

 

 

Zu: "Dichten gegen die Ungerechtigkeit" von Rolf Hochhuth, JF 33/06

Die Säulen deutscher Demokratie

Hochhut gelingt es, der alten Unübersichtlichkeit endlich neue Konturen zu verleihen. Nicht mehr der Grundanta-gonismus von Lohnarbeit und Kapital, nicht mehr der von Brecht besungene Klassenkampf, sondern Wirtschaft und Arbeitslosigkeit stehen nun im Zentrum des historischen Dauerkonflikts, der nach einem europäischen Che Guevara verlangt. Ist hier der Schiller unserer Zeit dabei, einen Sozialamts-Tell auf die Bühne zu stemmen oder war nur zuviel Rotspon im Spiel?

Klar, bei soviel Scheuklappendogmatik übersieht man schon mal den Massenwohlstand, der für Fremde aus aller Welt magische Kräfte zu haben scheint und an dem Arbeitslose zumindest basisdemokratisch partizipieren: nämlich die Trias von Aldi, Fernsehen und Mallorca, die eigentlichen Säulen der deutschen Demokratie. Hochhuts Euro-Che sollte daher besser mit Hartz IV im Gepäck und McDonald's-Wampe durch die nachmittäglichen Einkaufsparadiese wandeln, statt mit der Knarre herumzufuchteln. Wohlan denn, noch'n Stück!

Helmut Englmann, Johannesberg

 

 

Zu: "Der Präsident als Glücksfall" von Klaus Hornung, JF 33/06

Köhler ist kein Glücksfall

Hat Klaus Hornung vergessen, was Merkel, Fischer und die anderen an Unsäglichem abgesondert haben und Köhler untertänigst nachgeplappert hat?

Köhler ist ein Bundespräsident, der das Wort "Nation" scheut wie der Teufel das Weihwasser. Er ist ein Mann, der kein Bekenntnis zur deutschen Nation abgelegt hat, sondern kleinmütig auf dem Niveau der McDonald's-Werbung sagt: "Ich liebe unser Land."

Hat Klaus Hornung vergessen, daß Köhler anmaßend für ganz Deutschland die Verantwortung für die Shoa als Teil der deutschen Identität reklamiert? Die deutsche Identität auf eine Verbrecherclique zu fokussieren, sollte sich für einen Bundespräsidenten eigentlich von selbst verbieten.

Hat Hornung vergessen, daß Köhlers Diktum, zwischen Deutschland und Israel könne es keine Normalität geben, alle Wiedergutmachungs- und Aussöhnungsbemühungen, auch die vieler intellektueller Juden, ad absurdum führt? 

Hardo Obergefell, Duisburg

 

 

Zu: "Vom Drama der Vaterferne" von Christian Dorn, JF 33/06

Christus zweifelte nicht am Vater

Trennung und Vaterlosigkeit, das ist wahrhaft ein großes Problem, aus Egoismen der Selbstverwirklichung, Gedanken- und Erbarmungslosigkeit resultierend. Trotzdem hat Christus das nicht erfahren. Er ruft an dieser Stelle gerade nicht den Vater, sondern Gott an ("Eli" - "Mein Gott"). Auch war er nicht unwissend oder gar zweifelnd. Er rief: "Lama" oder griechisch: "Eis ti": "Wozu?" Das Warum war ihm klar. Zweifel am Vater gehören nicht zu Christus. Im Gegensatz zu uns heute ist und bleibt dieser Vater treu.

Dr. med. Heinrich E. Fiechtner, Stuttgart

 

 

Zum Schwerpunkt "Arno Breker", JF 31-32/06

Kein Bildhauer des Teufels

Ich möchte Ihnen zu den Artikeln über Arno Breker und zu dem hervorragenden Interview mit Joe F. Bodenstein, dem Gründer des Breker-Museums in Nörvenich, aufrichtig gratulieren. Wo gibt es denn im heutigen Deutschland noch eine Zeitung, die den Mut aufbringt, sich mit einem so heiklen Thema zu befassen, wie es Arno Breker nun mal ist, und welcher Journalist scheut sich nicht, dieses heiße Eisen auf eine derart souveräne und ehrliche Weise anzupacken?

Heute, nachdem sich herausgestellt hat, daß der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der Jahrzehnte hindurch nicht müde wurde, alle positiven Werte und alles Nationale in Deutschland in den Schmutz zu treten, selbst Mitglied der von ihm so sehr verachteten Waffen-SS war, sollte endlich Schluß gemacht werden mit der Verteufelung des untadeligen Künstlers Arno Breker als "Bildhauer des Teufels".

Erich Hentschel, Soest

 

 

Zum Thema Pressefreiheit

Wer schützt die Leser?

Die Freiheit der Presse ist sicher ein hohes Gut, auf das nur ein Schatten fällt, wenn die Presse diese Freiheit unredlich nutzt. Wer schützt den Bürger und die Leser vor Lügen, Fälschungen, einseitiger Information, Manipulation und Agitation? Die Presse ist eine gefährliche Waffe. Sie fordert für ihr Tun Freiheit, aber leistet oft selber nicht das, was die Pressefreiheit eigentlich voraussetzt: die korrekte Information der Leser. Das höchste Gut der Presse, die Glaubwürdigkeit, scheint in der Regel nicht oberstes Anliegen, doch gerade sie ist doch die Voraussetzung ihrer Freiheit. 

Gisela Pfeiffer, Berlin


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