© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Meldungen

Theorie und Praxis des Gewaltverbotes

MÜNCHEN. Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, reitet unverdrossen das Steckenpferd insbesondere deutscher Juristen und sorgt sich um die lückenlose Verrechtlichung der internationalen Politik (Zeitschrift für Politik, 2/06). Seit 2001 werden die Konfrontationen der schönen Theorie mit den harten "neuen Realitäten" allerdings immer häufiger, und auch Wiefelspütz entgeht nicht, daß sich die Theorie zunehmend blamiert. Offenkundig sei ein Kernstück der Weltfriedensideologie, das umfassende Verbot der Anwendung militärischer Gewalt, unter dem Druck der Realitäten "vorsichtig weiterentwickelt" worden. Wiefelspütz glaubt indes, die Staatengemeinschaft wie die Völkerrechtswissenschaft hielten weiter "mehrheitlich" strikt am Gewaltverbot fest. Faktisch handele aber "ein bedrohter Staat", also die USA und Israel, in einer Weise, die die Grenzen von der Auslegung völkerrechtlicher Regeln zu deren Aushebelung überschreitet. Mehr als umstritten sei zudem, wie mit nuklearen Gefahrenlagen (Iran) umzugehen sei und in welchem Umfang unilaterale humanitäre Interventionen vom Völkerrecht gedeckt seien.

 

Zum Extremismus an der Klimafront

STUTTGART. Mit jedem neuen Jahrhundertsommer steige die Chance, daß das "gigantische Ausmaß" des Klimawandels endlich politische Reaktionen auslöst. Denn bis heute, so der am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung tätige Geograph Wolfgang Cramer, könne man über politische Indolenz gegenüber der von Menschen induzierten globalen Erwärmung nur "entsetzt" sein (Universitas, Heft 721/06). Das gelte nicht nur für die bekannte Position der USA, die mit ihrem enormen Kohlendioxidausstoß den Klimawandel brutal vorantrieben und sich der internationalen Klima-Konvention verweigerten. Auch das vom rasanten Wirtschaftswachstum beflügelte Indien lasse kein Gespür für die Notwendigkeit einer drastischen Reduzierung der Emissionen erkennen, und selbst die vorgeblich so modellhafte bundesdeutsche Umweltpolitik scheine noch immer nicht realisiert zu haben, welches Arbeitsplatzpotential sich durch Energieeinsparung entbinden lasse. Über den Ernst der Lage will Cramer jedenfalls keinen Zweifel aufkommen lassen. Die Gemeinschaft der Klimaforscher könne nun mit "Extremszenarien" an die Öffentlichkeit gehen. Es stehe fest, daß wir seit 1850 "das Erdsystem" in einen Zustand gebracht hätten, "in dem es jedenfalls in den letzten 600.000 Jahren nicht war". Die akute "Austrocknung" des Mittelmeerraums, die heißen Sommer oder die sich häufenden extremen Wirbelstürme seien nur Vorboten katastrophischer Entwicklungen, die im Laufe des 21. Jahrhunderts zu erwarten seien.

 

Erste Sätze

Ob heute oder vor Jahren, lokkend bleibt die Versuchung, sich in dritter Person zu verkappen. Günter Grass:

Beim Häuten der Zwiebel, Göttingen 2006


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