© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Stimmen zum Grass-Buch

Grass I: Erinnerungen sind Bestseller

BADEN-BADEN. Günter Grass' autobiographisches Werk "Beim Häuten der Zwiebel" hat sich binnen weniger Tage nach seiner Auslieferung zu einem Bestseller entwickelt und überdurchschnittliche Verkaufszahlen erreicht. Das Erinnerungsbuch habe aus dem Stand die Spitze der Buch-Charts erklommen, teilte Media Control/GfK am Montag dieser Woche mit. Die Verkäufe von "Beim Häuten der Zwiebel" machten rund ein Viertel aller abgesetzten Bücher der media control TOP 15 Belletristik-Charts aus. In den Buchhandlungen ist die überraschende Beichte ein Hit. Die Veröffentlichung des Buches wurde vom 1. September auf den 16. August vorgezogen. Über die Gründe wurden weder von Grass selbst noch von seiten des Verlages konkrete Angaben gemacht. Nach Angaben des Göttinger Steidl-Verlages wurden als Erstauflage 150.000 Exemplare ausgeliefert, weitere 100.000 sind bereits nachgedruckt.

 

 

Grass II: BdV fordert Einnahmen für NS-Opfer

HAMBURG. Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat Günter Grass aufgefordert, die Einnahmen aus seiner Autobiographie vollständig an NS-Opfer in Polen zu spenden. Die BdV-Vorsitzende Erika Steinbach sagte am vorigen Freitag der Bild-Zeitung, das überraschende Geständnis des Schriftstellers, daß er als Soldat bei der Waffen-SS war, komme zwar dem Verkauf seines neuen Buchs zugute, er beschädige damit aber auch das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen. "Als Geste der Versöhnung sollte er die Einnahmen aus dem Verkauf seines Buches komplett für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen spenden", forderte Steinbach.

 

 

Grass III: Görlitzer CDU gegen Preisverleihung

GÖRLITZ. Im sächsischen Görlitz regt sich Widerstand gegen die geplante Verleihung des Internationalen Brückepreises an den Schriftsteller Günter Grass. Wie die Sächsische Zeitung vergangenen Donnerstag berichtete, hat der Vorsitzende der Stadtratsfraktion, Michael Hannich, mit Blick auf die jüngst bekanntgewordene Zugehörigkeit von Grass zur Waffen-SS vorgeschlagen, in diesem Jahr auf die Verleihung zu verzichten, um Schaden abzuwenden. Grass sollte der Preis, der für Verdienste um die europäische Verständigung verliehen wird, am 15. Dezember überreicht werden. Der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick überläßt die Entscheidung über die Verleihung der Gesellschaft für die Vergabe des Brückepreises. Das Gremium, dem auch der Bürgermeister der polnischen Nachbarstadt Zgorzelec, Miroslaw Fiedorowicz, angehört, werde im September über das weitere Vorgehen beraten, schreibt das Blatt.

 

 

Grass IV: Für Mehrheit weiterhin glaubwürdig

BERLIN. Günter Grass hat mit seiner Enthüllung für etwa jeden achten Deutschen (zwölf Prozent) an Glaubwürdigkeit verloren. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) meinten bei einer Forsa-Umfrage für den Fernsehsender n-tv, die Glaubwürdigkeit des Schriftstellers sei nicht beschädigt. Eine Mehrheit von 51 Prozent hätte Grass geraten, seine Mitgliedschaft in der Wassen-SS schon früher zuzugeben. Dagegen finden 29 Prozent, Grass habe den richtigen Zeitpunkt für sein Geständnis gewählt, und acht Prozent meinen, der Autor hätte seine Tätigkeit in der Waffen-SS weiter verschweigen sollen. Besonders die Jüngeren zeigten Verständnis für die späte Enthüllung - von den 18- bis 29jährigen sind es 40 Prozent. Die ältere Generation hätte sich mehrheitlich ein früheres Geständnis gewünscht. Befragt wurden laut n-tv 1.001 Personen am 14. und 15. August. Laut einer parallelen Forsa-Umfrage für die Illustrierte Stern sind 87 Prozent dagegen, daß Grass den Literaturnobelpreis zurückgibt, nur acht Prozent dafür.


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