© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Frisch gepresst

Preußen. Der vom Würzburger Ordinarius Wolfgang Neugebauer herausgegebene Band "Das Thema 'Preußen' in Wissenschaft und Wissenschaftspolitik des 19. und 20. Jahrhunderts" (Duncker&Humblot, Berlin 2006, 373 Seiten, broschiert, 84 Euro) erscheint als Beiheft zu der auf eine mehr als hundertjährige Tradition zurückblickenden Zeitschrift Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, deren "Neue Folge" der unlängst als Biograph Friedrichs des Großen hervorgetretene Johannes Kunisch begründete. Das Umfeld ist also geradezu einschüchternd und Ehrfurcht einfordernd, so daß die Verheißung des Verlages, den Leser erwarte die "Bearbeitung preußischer Themen in der neueren internationalen Historiographie", fast wie ein Stilbruch wirkt. Doch schon das Inhaltsverzeichnis beruhigt. Modische "Internationalität" ist nicht zu befürchten. Mit dem Direktor des Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem, Jürgen Kloosterhuis, mit Klaus Neitmann, dem Chef des Brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam, mit dem langjährigen preußischen Landeshistoriker der Freien Universität Berlin, Gerd Heinrich, dem Chemnitzer Biographen Friedrich Wilhelms IV., Frank-Lothar Kroll, und mit Hans-Christof Kraus, dem wir das ultimative Werk über den preußischen Hochkonservatismus vom Schlage Ernst Ludwig von Gerlach, der rechten Lichtgestalt des 19. Jahrhunderts, verdanken, haben sich ausschließlich "autochthone" Kräfte des Wissenschaftsthemas "Preußen" angenommen

Vertreibung. Anfang der achtziger Jahre eröffneten die "Letzte Tage"-Bände über Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen deren Schicksale einem Massenpublikum. Der aus dem masurischen Schwarzenberge bei Lyck stammende Herbert Reinoß gab damals den Band über Ostpreußen heraus. Nun hat Reinoß die "Erinnerungen an die Vertreibung" - um solche aus anderen Provinzen ergänzt, einige Berichte "von so scheußlichen Ausschreitungen der Sieger" allerdings auslassend - neu herausgegeben. Die Streitigkeiten um das geplante Zentrum gegen Vertreibungen, das viele deutsche Medien mindestens als "umstritten" kritisieren, rechtfertigen diese Beharrlichkeit publizistischer Erinnerungsarbeit allemal (Es gab kein Zurück. Langen Müller, München 2006, gebunden, 303 Seiten, 16,90 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen