© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/06 11. August 2006

PRO&CONTRA
Videoüberwachung und Mautdaten-Nutzung ausdehnen?
Jan Timke / René Wendland

Der Vorschlag von CDU und CSU, die Videoüberwachung im Bahnverkehr auszuweiten, ist zu begrüßen. Videokameras müssen nicht nur auf allen größeren Bahnhöfen in Deutschland, sondern auch in Regional- und Fernverkehrszügen installiert werden. Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor terroristischen Anschlägen, sondern auch um die Bekämpfung der grassierenden Alltagskriminalität, die für viele Menschen eine weitaus größere Bedrohung darstellt. Die positiven Erfahrungen sowohl in Deutschland als auch im Ausland zeigen, daß die Videoüberwachung einen wichtigen Beitrag zur Verbrechensprävention leistet und die Aufklärung begangener Straftaten erleichtert. Videokontrollen sind deshalb vor allem für Bahnhöfe sinnvoll, die in größeren Städten gefährliche Kriminalitätsschwerpunkte bilden.

Die Bedenken von Datenschützern gegen eine Verstärkung der staatlichen Videoüberwachung sind überzogen. In Deutschland gibt es lediglich 100 Videoanlagen für die Überwachung des öffentlichen Raums. Zum Schutz privater Objekte kommen dagegen bundesweit knapp 300.000 Videokameras zum Einsatz, die von der Bevölkerung auch akzeptiert werden. Dabei darf die optisch-elektronische Überwachung nicht auf den Bahnfernverkehr beschränkt bleiben, sondern muß flächendeckend auch im öffentlichen Nahverkehr zum Einsatz kommen. Nur so wird es gelingen, die wachsende Kriminalität und den Vandalismus (Graffiti und Scratching) in Bussen, U- und S-Bahnen einzudämmen. Allein in Berlin wurden im vergangenen Jahr 709 teils brutale Übergriffe auf BVG-Mitarbeiter registriert. Der Schaden, der den Verkehrsbetrieben der Hauptstadt 2005 durch Vandalismus entstand, erreichte mit 5,3 Millionen Euro ein neues Rekordhoch.

Darüber hinaus ist in Fällen von Schwerverbrechen, Bandenkriminalität und Terrorismusbekämpfung die Nutzung der Mautdaten ausdrücklich zu befürworten.

 

Jan Timke ist Vorsitzender der bundesweiten Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) mit Sitz in Berlin. www.buerger-in-wut.de 

 

 

Über 15 Jahre nach dem Ende der DDR will das wiedervereinigte Deutschland also erneut beginnen, den Bürger zu bespitzeln. Schließlich fängt Bespitzelung nicht erst bei der Wanze über der Wohnzimmervitrine an. Im Zuge der "Sicherheitsvorkehrungen" scheinen sich rot-schwarze Sheriffs konkrete Gedanken gemacht zu haben, wie sie ein ganzes Paket an anti-liberalen Gesetzen à la Bushs "Patriot Act" auf den Weg bringen könnten, natürlich scheibchenweise. Mehrheitsfähig wäre dies als Paket wohl nicht gewesen. Zu Recht!

Spielen wir die großkoalitionären Wünsche durch: Die Pläne von Bundesinnenminister Schäuble, die Mautdaten zur Strafverfolgung zu nutzen, sehen wir als einen Riesenschritt in den real existierenden Überwachungsstaat. Alleine die wohlüberlegte Implementierung der technischen Hintertüren im System wurde von der Bundesregierung 2003 gegenüber einer FDP-Anfrage noch abgewiegelt und hätte kritische Stimmen seitens der Medien hervorrufen müssen. Mit Blick auf diese Vorgeschichte ist es verlogen, nun scheinbar gezielt auf den Dammbruch in dieser Frage hinzuarbeiten. Vollständige Bewegungsprofile jedes privaten PKW auf Autobahnen sind für uns inakzeptabler Orwellismus. Weiter wird eine großflächige Videoüberwachung in Bahnhöfen, auf Sicherheitsniveau von Flughäfen, diskutiert. Noch liegen die Hintergründe der Bombenfunde im dunklen, schon überbieten sich die Forderungen nach neuen Überwachungsmaßnahmen. Dabei führt nach einer 2005 im Auftrag des britischen Innenministeriums durchgeführten Studie Videoüberwachung weder zu einem Rückgang der Kriminalität, noch schafft sie bei den Menschen ein höheres Sicherheitsgefühl. In den Augen der JuLis ist dies nichts weiter als gefährlicher Aktionismus, der zur Erosion von Bürgerrechten, Privatsphäre und Datenschutz führt, ohne zur Steigerung der Sicherheit beizutragen.

 

René Wendland ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Bayern und lebt in Würzburg. Internet: www.julis-bayern.de 


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