© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/06 14. Juli 2006

Globalisierter Dschihad
von Ivan Denes

Die Entführung des israelischen Gefreiten Gilad Schalit hat schlagartig eine neu entstandene Situation im ganzen Nahen Osten grell beleuchtet. Westliche Politiker und Medien, die in ihren illusorischen Vorstellungen über Frieden immer wieder die israelische Regierung auffordern, das Vorgehen der Armee zu drosseln, wollen nicht zur Kenntnis nehmen, daß weder Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomieverwaltung, noch Ismail Hanijeh, Chef der Hamas-Regierung, eine Ahnung haben, wo die radikalen Gruppen Schalit festhalten. Abbas und Hanijeh sind schwerem israelischen Druck ausgesetzt, aber sie selbst sind längst machtlos.

Der Konflikt hat sich Tag für Tag von einem Zusammenprall zweier nationaler Bewegungen in einen Teil des globalisierten "Heiligen Krieges" verwandelt. Schalits Entführer bekommen ihre Befehle teils aus Teheran via Damaskus, teils von den Moslembrüdern über das Palästinenserexil in Tunis. Der nationale Kampf der Palästinenser wird immer mehr der panislamischen Ideologie ein- und untergeordnet, die kein Interesse an einer friedlichen Lösung des jüdisch-islamischen bzw. israelisch-palästinensischen Konfliktes hat. Abbas hat bereits vor Wochen vor den in Gaza eingesickerten al-Qaida-Zellen gewarnt. Israel ist jetzt in erster Linie nicht mehr mit Fatah oder mit Hamas konfrontiert, sondern mit dem globalisierten Dschihad. Der Kampf der Palästinenser ist im Begriff, schrittweise zum Teil des Kampfes der Kalifaten-Utopie umgewandelt zu werden.


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