© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/06 07. Juli 2006

Verhinderte Tribunale
von Alexander Griesbach

Letzte Woche entschied der Oberste Gerichtshof, daß die von der US-Regierung geplanten Militärtribunale für Terrorverdächtige mit der US-Verfassung unvereinbar seien. Es nützte auch nichts, daß man diese Tribunale auf der US-Marinebasis Guantánamo einrichten wollte. Mit diesem Schachzug sollte einem juristischen Konflikt aus dem Wege gegangen werden. Das Gericht beschied George W. Bush aber jetzt, daß auch der US-Präsident nicht die Macht hat, rechtsfreie Räume zu schaffen, die nicht mit dem US-Rechtssystem in Einklang zu bringen sind. Es spricht für die Unabhängigkeit der US-Justiz, daß sie dem neuerlichen Versuch Bushs, unter dem Banner des "Antiterrorkrieges" bestehende Rechte auszuhebeln, ausdrücklich einen Riegel vorgeschoben hat. Den Insassen des Lagers in Guantánamo nutzt dies aber wenig. Bush gab bereits zu verstehen, daß das Urteil des Gerichtshofes nicht dazu führen wird, daß "Killer freigelassen werden".

Auch hier offenbart sich wieder das fragwürdige Rechtsverständnis des US-Präsidenten. Offensichtlich ist er es, der darüber befindet, wer in Guantánamo ein "Killer" ist oder nicht. Es gibt mittlerweile aber genügend Hinweise darauf, daß viele Insassen dort auf einen bloßen Verdacht hin inhaftiert worden sind. Es könnte der nächste Offenbarungseid der Regierung Bush werden, sollte diese dazu aufgefordert werden, endlich das Beweismaterial vorzulegen, aufgrund dessen die gut 450 Gefangenen auf Guantánamo zum Teil seit Jahren ohne Anklage festgehalten werden.


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