© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/06 23. Juni 2006

Frisch gepresst

Gott und Geschäft. 1904/05 erschien der Großessay "Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus" des Heidelberger Nationalökonomen Max Weber. Zum 100. Jubiläum einer der "wichtigsten sozialwissenschaftlichen Publikationen des 20. Jahrhunderts" trafen sich daher "Weberologen" mit einigen Kennern des Werkes von Ernst Troeltsch, um den am häufigsten interpretierten Text des Meisters in das "intellektuelle Milieu" seiner "Entstehungszeit zu stellen", wie die Initiatoren und Herausgeber des Tagungsbandes, Wolfgang Schluchter und Friedrich Wilhelm Graf, das Ziel ihres Unternehmens umreißen (Asketischer Protestantismus und der "Geist" des modernen Kapitalismus, Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2005, 311 Seiten, broschiert, 49 Euro). Dabei haben die "Troeltschianer" das Heft in die Hand genommen, so daß dieser Band zwar viel Material beiträgt, um den theologie- und religionshistorischen Zugang zu Webers "Protestantismusstudie" zu verbreitern - was aber den von ihm untersuchten Zusammenhang von Religion und Kapitalismus, Gott und Geschäft, etwas in den Hintergrund drängt. Dessenungeachtet entspringt hier keiner der Beiträge öder Tagungsroutine, sondern bietet Forschung aus erster Hand, allen voran die vergleichende Studie des Münchner Alttestamentlers Eckart Otto über "Die hebräische Prophetie bei Max Weber, Ernst Troeltsch und Hermann Cohen. Ein Diskurs im Weltkrieg zur christlich-jüdischen Kultursynthese".

 

Leistung und Solidarität. "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß" - nach dieser Formel werden Reformen nicht nur von Lobbyisten unterschiedlichster Couleur, sondern auch von vielen Wählern beschworen. Insbesondere die "neoliberalen" Reformtheorien der Union haben durch ungeschickte Präsentation zudem die Aura der sozialen Kälte angeheftet bekommen, was sich bei den letzten Wahlen bereits auswirkte. Nun treten Unionspolitiker um Alois Glück, Bernhard Vogel, Hans Zehetmair - ganz im Sinne der sozialen Marktwirtschaft - an, "eine Alternative zu Wohlfahrtsstaat und Ellenbogengesellschaft" zu formulieren (Solidarische Leistungsgesellschaft. Herder Verlag, Freiburg 2006, 160 Seiten, broschiert, 12 Euro). Allerdings sind die Beiträge derart mit unverbindlichen Politikerphrasen gespickt, daß die gute Absicht dahinter fast nebulös verborgen bleibt.


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