© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/06 09. Juni 2006

CD: Rock
Wuchtig
Michael Insel

Music For The Divine" (Frontiers Records) ist Glenn Hughes' zweites Studioalbum innerhalb von zwei Jahren. Während sein ehemaliger Deep-Purple-Kamerad Ritchie Blackmore derzeit den mittelalterlichen Minnesänger gibt und in diesem Sommer mit seiner Lebensgefährtin Candice Night die neue Platte ihrer Band Blackmore's Night, "The Village Lanterne", unter anderem durch Auftritte auf deutschen Burgen vermarktet, verlief Hughes' musikalischer Lebensweg geradliniger.

Als Gründungsmitglied der in den späten 1960ern populären britischen Rockkombo Trapeze und späterer Sänger und Gitarrist bei Deep Purple und Black Sabbath hat er sich auch in seiner Solokarriere nie allzu weit von seinen Wurzeln im Hardrock entfernt. Freilich schwang in seinem Sound schon immer ein funkiger Rhythmus mit, der zuletzt immer deutlicher zu hören war und schon in den Titeln seiner Alben seit 2003 zum Ausdruck kommt: "Songs In The Key Of Rock" spielt eindeutig auf Stevie Wonders Klassiker "Songs In The Key Of Life" von 1976 an. (Wonder wiederum bezeichnete Hughes einst als seinen "weißen Lieblingssänger".) Es folgten die Live-Platte "Soulfully Live In The City Of Angels" (2004) und, von der Kritik hoch gelobt, "Soul Mover" (2005). Inwieweit diese Entwicklung in Richtung eines härteren Funk-Sounds dem Einfluß des Schlagzeugers der Red Hot Chilli Peppers, Chad Smith, zu verdanken ist, der auf Hughes' letzten beiden Alben trommelt, darüber mag man spekulieren.

Nach dem Motto "Was nicht kaputt ist, flickt man nicht" stimmt "Music For The Divine" dort ein, wo "Soul Mover" ausklang, mit Hughes' feinfühlig-melodischer Stimme über fetten Baßklängen. Einzig die Streichereinlagen, die zumeist glänzend passen, bringen ein neues Element. Begleitet wird die "Stimme des Rock" - ein Ehrentitel, den die Technoband KLF Hughes anläßlich seines Gastauftritts auf ihrem Hit "America: What Time Is Love" verpaßte - hier wieder von Smith, der auch als Koproduzent fungiert und noch eine zweite "Pfefferschote" mitgebracht hat: John Frusciante, der Hughes' Stammgitarristen J. J. Marsh unterstützt.

Mit seiner Gitarren-und-Schlagzeug-Intro, die einer beliebigen Coldplay-Hymne entlehnt sein könnte, würde "The Valiant Denial" zweifellos einen zünftigen Opener für jedes Stadionkonzert abgeben. Zur Eröffnung dieses ansonsten straffen Albums taugt das Stück weniger gut. Erst als Hughes ganz zu Ende das Tempo anzieht und die Streicher ihre Saiten fulminant zum Schwingen bringen, klingt eine Ahnung ihres wahren Könnens an.

Mit seinen kratzigen Gitarrenriffs und dem Refrain, der von den ersten wuchtigen Akkorden an zur Sache geht, bohrt sich der Funkrock-Kracher "Steppin' Out" sofort ins Ohr. "You Got Soul" macht seinem Titel alle Ehre, und auf "Too High" fräsen sich kreischende Gitarren und Schlagzeug in eine gefühlvolle Grundmelodie. Der Bonustrack, eine gelungene Coverversion der "Nights in White Satin" von The Moody Blues, fügt sich prächtig in das Gesamtwerk ein. Diesem Hörgenuß eher abträglich ist die dazwischengeschobene Rocknummer "Black Light". Das Stück handelt von Hughes' guter Freundin Lana Clarkson, die vor drei Jahren tot im Pool des legendären Produzenten Phil Spector aufgefunden wurde. Sein rechtschaffener Zorn kommt gewiß von Herzen, hat aber musikalisch außer einem überlangen E-Gitarrensolo und wildgewordenem Schlagzeug wenig zu bieten.

Die wahren Glanzlichter dieses Albums aber sind die langsamen, doch wundervoll umgesetzten Akustikstücke, in denen Hughes' Stimmkunst vollendet zur Entfaltung gelangt. "This House" könnte Chris Martin als Lehrstück eines gelungenen Pop-Epos dienen.


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