© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/06 09. Juni 2006

Mehrheit setzt auf die Familie
Gesellschaft: Eltern und Kinder vertrauen einander / Ältere Alleinstehende drohen zum Problemfall zu werden / Ergebnisse des Generationenbarometers
Ellen Kositza

Daumen hoch für die Familie, so möchte das "Forum Familie stark machen" jene Zahlen interpretiert haben, die aus einer im März dieses Jahres erstellten Umfrage zum Themenkomplex Familien- und Generationenzusammenhalt resultierten.

Rund 2.600 Personen ab 16 Jahren wurden durch das Allensbach-Institut zu ihrer Bewertung des eigenen Familienlebens, zu Kinderwunsch und Generationenkonflikten befragt. Überdeutlich wurde dabei nach Einschätzung des Forums (mit Verfassungsrichter Udo di Fabio, Kardinal Karl Lehmann, ZDF-Intendant Markus Schächter und TV-Journalistin Gundula Gause als Kuratoriumsmitglieder) die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung der Familie als generell kränkelndem Patienten und dem Stellenwert, den die Familie konkret einnimmt: So schätzte knapp die Hälfte aller Befragten den allgemeinen Familienzusammenhalt im Lande als "eher gering" ein, während 84 Prozent den Zusammenhalt der eigenen Familie als "stark" oder "sehr stark" bewerteten.

Positiv bewertete das Forum unter anderem Aussagen, wonach 65 Prozent der Interviewten eine lebenslange Unterstützung der Kinder durch ihre Eltern als selbstverständlich ansahen und 53 Prozent einer solchen Verpflichtung auch umgekehrt - Beistand der Kinder in Bezug auf die Eltern - beipflichteten. "Der vielbeschworene Generationenkrieg", so die Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts Renate Köcher, "zeichnet sich nach unserer Untersuchung nicht wirklich ab." Ein lebendiger Dialog der Generationen sei meßbar: Heute werden 82 Prozent der jungen Familien zumindest sporadisch finanziell von ihren Eltern unterstützt, am höchsten fiel hierbei die Unterstützung Alleinerziehender der Oberschicht (95 Prozent) aus, am geringsten die der Unterschichts-Alleinerziehenden (66 Prozent). Gar 92 Prozent der Jüngeren erfahren in Deutschland immaterielle Hilfe durch ihre Eltern.

Zur gesellschaftlichen Problemgruppe drohen nach den Umfrageergebnissen der Untersuchung die älteren Alleinstehenden zu werden. Zwei Drittel dieser Klientel sind davon überzeugt, bei Krankheit und im hohen Alter auf sich selbst gestellt zu sein.

Schläge als Erziehungsmittel sind ungebräuchlich

Allgemein rechnen 67 Prozent aller Befragten mit einer zunehmenden Vereinsamung älterer Menschen sowie mit mehr Egoismus und Materialismus im gesellschaftlichen Miteinander. Insgesamt gehen 40 Prozent der Älteren davon aus, daß sie im Falle der Pflegebedürftigkeit von ihren Kindern betreut werden, wogegen nur sieben Prozent der unter 55jährigen sich bereit erklärten, die Pflege der Eltern zu übernehmen. Demgegenüber würden 16 Prozent den Lebenspartner pflegen und weitere 52 Prozent dabei wenigstens mithelfen.

Die Hälfte der Befragten gab an, daß sich das heutige Verhältnis zu den eigenen Kindern stark bzw. sehr stark von dem zu den eigenen Eltern unterscheidet. Das wird auch untermauert durch Zahlen, wonach "häufiges Loben" in der heutigen Erziehung deutlich stärker dominiert, Schläge als Erziehungsmittel ungebräuchlich geworden sind und Gehorsam gegen Obrigkeiten als Signum allein der älteren Generation gelten.

Mit diesem ersten "Generationenbarometer" - die ausführlichen Ergebnisse erscheinen im Herbst in Buchform -möchte das "Forum Familie stark machen" ein periodisches Meßinstrument etablieren, das mittels Umfragen alle drei Jahre "Klimaveränderungen zwischen den Generationen aufspüren und Vergleichwerte generieren" soll. Gesamtgesellschaftliches Ziel des Forums - gegründet von "leidenschaftlichen Familienmenschen" - ist es, die Attraktivität von Familie zu steigern, indem es einen "Beitrag dazu leistet, die persönlichen, sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Möglichkeiten einer neuen 'work-life-Balance' zu nutzen".

Daß man zur Präsentation der Studie vergangene Woche in Berlin Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gewinnen konnte, dürfte haargenau zu dieser Selbstverortung passen. Wenn zwei Drittel der Befragten sich für die Zukunft einen Bedeutungsgewinn der Familie wünschen, heißt das umgekehrt allerdings auch, daß ein Drittel dies nicht wünscht. Alles in allem: Zahlenzauber und interpretierbar.

Weitere Informationen im Internet unter www.familie-stark-machen.de


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