© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Frisch gepresst

Der letzte Preuße. In zwei starken marineblauen Bänden, die heute zu den antiquarischen Raritäten zählen, erschien 1935 die Lebensbilanz von Kuno Graf von Westarp: "Konservative Politik im letzten Jahrzehnt des Kaiserreiches". Zu diesem Zeitpunkt war Westarp nur noch Privatmann, auf Distanz zum Nationalsozialismus, aber nicht bereit, sich nationalkonservativen Widerstandskreisen anzuschließen. Dieser Rückzug mag sein Verschwinden aus dem historischen Gedächtnis nach 1945 erklären, als ihm zeitgeschichtliche Lexika kaum mehr als den Eintrag gönnten, er sei bis 1918 Fraktionsführer der Deutsch-Konservativen Partei und dann in der Weimarer Republik der von Alfred Hugenberg an die Wand gedrückte DNVP-Parteivorsitzende gewesen. Larry E. Jones und Wolfram Pyta luden im Mai 2004 zu einem internationalen Westarp-Colloquium einluden, dessen Ertrag sie nun in einem Sammelband vereinigt haben ("Ich bin der letzte Preuße." Der politische Lebensweg des konservativen Politikers Kuno Graf von Westarp, 1864-1945. Böhlau Verlag, Köln 2006, 221Seiten, gebunden, Abbildungen, 29,90 Euro). Damit wollen sie ihn aus dieser Fußnotenexistenz herausheben und in seiner wahren politischen Statur sichtbar machen. Westarp, so legitimieren sie ihr Unterfangen, sei einer "der letzten authentischen Konservativen" gewesen, "der an bestimmten konservativen Grundprinzipien zeit seines Lebens festhielt". Diese Beharrlichkeit habe ihn schließlich zu einem Verteidiger der Weimarer Republik werden lassen - gegen die Mehrheit seiner ostelbischen Standesgenossen, gegen die "Katastrophenpolitik" Hugenbergs und gegen "vermeintliche konservative Revolutionäre wie Oswald Spengler und Ernst Jünger".

Kleidung und Recht. Auf den ersten Blick sollte man meinen, in einer freien Gesellschaft unterliegt Kleidung keinen rechtlichen Regelungen. Spätestens mit der heiß geführten Debatte um das Kopftuch für öffentlich Bedienstete wird allerdings deutlich, wie juristisch dieses Feld besetzt ist. Fußend auf seinem Festvortrag vor Rostocker Examinanden hat der Staatsrechtler Ingo von Münch eine teilweise launig geschriebene Abhandlung über die Problematik von Kleidung auf verschiedensten Rechtsgebieten bis hin zum Strafrecht verfaßt. Neben den Regelungen zu islamischer Kleidung, Berufskleidung, Uniformen und Talaren geht er auch auf die zivile Kleidung ein, die in letzter Zeit immer wieder Gegenstand juristischer Behandlung wurde. Leider versäumt es von Münch, neben der Problematik der Produkt- bzw. Markenpiraterie die rechtlich viel pikantere Rechtsprechung über öffentlich zur Schau getragene politische Meinungen oder weltanschauliche Symbole zu beleuchten, wie sie im letzten Jahr beispielhaft an der Firma "Thor Steinar" Urteile nach sich zog (Kleidung und Recht. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006, 60 Seiten, broschiert, 14,80 Euro).


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