© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Wenn Glaube Wunder wirkt
Erinnerung an den "Heiler" Bruno Gröning
Werner Olles

Bruno Gröning gehört zu jenen Phänomenen der Nachkriegszeit in Deutschland, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Doch Ende der vierziger und bis Mitte der fünfziger Jahre zog er Abend für Abend Zehntausende mit seinen Vorträgen und seinem Wirken als geistiger Heiler in seinen Bann. Gröning traf mitten ins Herz eines Volkes, das sich nach den Schrecken des Krieges eben danach sehnte.

Zunächst nur auf dem Traberhof in Rosenheim, später in fast allen Regionen der jungen Bundesrepublik unterwegs, rief er die Deutschen zur "Großen Umkehr" auf. Zeitlebens gehörte er der römisch-katholischen Kirche an, und so waren seine Heilungs- gleichzeitig auch immer Glaubensvorträge. Die Meinungen innerhalb der Kirche über ihn waren allerdings geteilt, da man befürchtete, er könne eine eigene Glaubensgemeinschaft gründen, was er nie vorhatte. Da er sich jedoch als "Mittler zwischen Gott und den Menschen" bezeichnete, ohne über ein Theologiestudium oder eine Priesterweihe zu verfügen, war das Verhältnis zwar etwas "unterkühlt", aber keinesfalls feindselig.

Am 31. Mai 1906 als viertes von sieben Kindern einer Arbeiterfamilie in Danzig-Oliva geboren, war Gröning offenbar bereits als Junge in der Lage, beruhigenden oder gar heilenden Einfluß auf Menschen und Tiere auszuüben. Da seine Eltern für diese Begabung kein Verständnis aufbrachten, trat er zunächst eine kaufmännische Lehre an, brach diese jedoch ab, um den Beruf eines Zimmermanns zu erlernen. Später nahm Gröning eine Stelle beim Postamt Danzig an und arbeitete dann bei Siemens, um "die Lebensverhältnisse der verschiedenen Volksschichten zu studieren". 1943 zur Wehrmacht eingezogen, geriet er in russische Gefangenschaft, aus der er im Dezember 1945 entlassen wurde.

Im Frühjahr 1949 wurde Bruno Gröning erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Die Presse berichtete ausführlich über die Heilung eines an Muskelschwund leidenden jungen Mannes aus Herford. Von nun an strömten zigtausend Hilfesuchende zu seinen Vorträgen, während ihm die Ärzteschaft "Scharlatanerie" vorwarf und die Heilungen mit Hypnose und Massensuggestion erklärte. Die Behörden von Nordrhein-Westfalen verhängten daraufhin ein "Verbot der Ausübung des Heilberufs" über ihn. Zwar wurde er 1954 von dem Vorwurf freigesprochen, gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen zu haben, trotzdem blieb das Betätigungsverbot bestehen.

1958 vom Landgericht München zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, ging Gröning in Revision. Den Ausgang des Verfahrens erlebte er nicht mehr. Am 26. Januar 1959 starb er nach zwei vergeblichen Operationen in einer Pariser Krebsklinik. Sich selbst hatte Bruno Gröning, der regelmäßig Pilgerfahrten nach Lourdes unternahm und seine Zuhörer stets aufforderte, in den Evangelien zu lesen, nicht mehr heilen können.


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