© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Günter Rohrmoser
Die Eiche
von Lars Eiser

Am wenigsten Anerkennung findet der Prophet bekanntlich im eigenen Land. Für keinen gilt dies hierzulande wohl mehr als für den Stuttgarter Staatstheoretiker und Religionsphilosophen Günter Rohrmoser. Seit der 1927 in Bochum geborene, in Münster, Köln und Stuttgart lehrende, heute jedoch emeritierte Hochschulprofessor 1970 seine Fundamentalkritik "Das Elend der Kritischen Theorie" vorgelegt und sich als messerscharfer dialektischer Kritiker extremistischer politischer Ideologien und Gesellschaftsexperimente einen Namen gemacht hatte, stand er immer wieder im Visier seiner politisch-korrekten Gegner. Einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem inzwischen umfangreichen Werk Rohrmosers niemals ernsthaft zugänglich, polemisieren seither linksliberale Moralisten und Moralpolitiker gegen ihn.

So auch jetzt wieder, als der Abgeordnete der SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Stephan Braun, einen neuerlichen Frontalangriff gegen das Studienzentrum Weikersheim ritt, das für Braun und die SPD-Landtagsfraktion zumindest in Teilen als eine "rechtsextremistische" Bildungsstätte gilt. Anläßlich der Jahrestagung des Studienzentrums am vergangenen Wochenende forderte der für "Fragen des Extremismus" zuständige Braun Ministerpräsident Günther Oettinger nicht nur auf, "endlich dafür zu sorgen, daß diese sogenannte Bildungsstätte nicht länger Bühne auch für Rechtsextremisten ist". Es sei auch "eine Schande", daß Günter Rohrmoser dort als Gastredner auftreten wolle, meinte Braun und stellte geradezu hilflos die Frage: "Warum schaffen die es nicht, sich von ihrem Hausphilosophen zu trennen?"

Der Weikersheimer "Hausphilosoph" hatte als einer der ersten erkannt, daß die Folgen der Kulturrevolte von 1968 den Staat durch den Verlust der historischen ethischen Fundamente in eine fundamentale Krise stürzen würde. Immer wieder warnte er etwa davor, daß der Verlust von Traditionsbewußtsein, Wertevermittlung und der eigenen nationalen Geschichte den deutschen Sozialstaat seiner integrativen Kraft beraubt.

Der politische und wirtschaftliche Umgang mit der Wiedervereinigung ließ die Krise der liberalen Republik dann offen hervortreten. Für Rohrmoser war das der "Ernstfall". Sein gleichnamiges Buch von 1995 hat bezüglich der Beschreibungen und Analysen auch heute noch nichts von seiner Bedeutung verloren. Im Ausland hoch angesehen und gewürdigt, wird Rohrmoser daheim wegen seiner konservativen Einstellung die Anerkennung vorenthalten, die ihm intellektuell gebührt. Beim Fernsehen etwa gibt man einem gewendete Peter Sloterdijk, bei der CDU einem windschnittigen Paul Nolte den Vorzug. Entsprechend sind dann auch die Resultate ... Die anhaltende Krise wird jedoch früher oder später diese Halme fällen. Bestand wird haben, was Wurzeln hat. Ohne Querdenker wie Günter Rohrmoser wäre Deutschland ärmer.


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