© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/06 19. Mai 2006

Keine Staatskrise
von Günther Deschner

Der BND soll Deutschland vor äußeren Feinden schützen und der politischen Führung geheime Informationen und zutreffende Einschätzungen liefern. Derzeit ist er in der Kritik: Er "schnüffle" auch im Inland und spähe Journalisten mit "Stasi-Methoden" aus. Ermitteln darf der BND laut Gesetz nur im Ausland. Im Inland darf er aber "Eigensicherung" betreiben, wenn etwa Interna nach außen gelangen - an gegnerische Dienste oder an Journalisten. Solche Ermittlungen gehören zum legalen "Geschäft". Daß dabei ein Journalist ins Visier gerät, ist normal. Wen das überrascht, der muß naiv sein.

Illegal ist es, wenn der Dienst Journalisten zur Bespitzelung von Kollegen anwirbt, oder wenn man integre Reporter bis in die Privatsphäre hinein ausspäht. Das ist ein Verstoß gegen die Pressefreiheit. Das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste hat versagt. Es besteht aber kein Grund dafür, gleich eine Staatskrise zu konstruieren. Es gibt auch keinen grundsätzlichen Gegensatz zwischen Journalisten und BND. Zu fordern, daß es zwischen beiden "überhaupt keine Berührungspunkte" geben dürfe, wie das der Süddeutsche-Journalist Hans Leyendecker getan hat, geht an der Wirklichkeit vorbei. Recherchierende Journalisten und BND-Mitarbeiter profitierten bei ihrer Arbeit etwa in Krisengebieten stets auch von einem Geben und Nehmen. Der frühere BND-Präsident Gerhard Wessel fand an einem Gedankenaustausch mit Journalisten nichts Ehrenrühriges. Für ihn war das, wie es in Großbritannien schon immer üblich ist, "eine Frage des Patriotismus".


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