© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/06 12. Mai 2006

Roger Kusch
Auf Schills Spuren
von Josef Hämmerling

Daß Roger Kusch sich nach seiner Entlassung als Hamburger Justizsenator nicht aufs Altenteil zurückziehen würde, war klar. Mit der Gründung seiner Partei "Heimat Hamburg - Der rechte Weg für unsere Stadt" (JF 19/06) hatte aber kaum jemand gerechnet.

Der 51jährige gebürtige Stuttgarter und promovierte Jurist erklomm eine steile Karriereleiter im Justizdienst Baden-Württembergs, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als Referatsleiter im Bundeskanzleramt und Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof. Schließlich ernannte ihn 2001 Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) zum Justizsenator. Bundesweit bekannt wurde Kusch, als er im August 2003 seine Homosexualität öffentlich machte, nachdem Innensenator Ronald Schill bei einer Auseinandersetzung um einen Schillschen Gefolgsmann von Beust ein nicht nur dienstliches Verhältnis zu Kusch unterstellt hatte. Daß wohl nicht nur Schill, sondern auch Beust intrigiert hatte, wurde ignoriert, der CDU-Konkurrent erschien der Öffentlichkeit als Dunkelmann, Beust gelang es, sich als verfolgte Unschuld darzustellen. Nach Neuwahlen regierten er und Kusch alleine weiter.

Doch am 27. März 2006, Schill war längst vergessen, erfolgte nun Kuschs Entlassung wegen "unerlaubten Erhalts und Weitergabe vertraulicher Unterlagen aus einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß". Nur fünf Stunden später trat Kusch nach 34jähriger Parteizugehörigkeit aus der CDU aus und gründete am 1. Mai die "Heimat Hamburg", die man getrost als bürgerliche Protestpartei gegen die CDU verstehen kann. Was ihn dabei trieb, politischer Ernst oder Rachegelüste gegenüber der Union - es darf spekuliert werden. Ebenso darüber, ob ihm Statt- und Schillpartei Vorbild sind oder lieber Warnung sein sollten. Beide Formationen feierten in der Hansestadt bekanntlich ihre Triumphe, beide erlebten hier ihren Untergang.

Ob Kusch es allerdings überhaupt bis auf die Höhe des Triumphes schafft, ist äußerst fraglich. Zwar ist seine Analyse, die CDU sei "sozialdemokratisiert" und durch einen "Linksruck" dem konservativen Wähler entfremdet, nicht verkehrt, doch ob etwa "effektive Bekämpfung der Drogenkriminalität" oder "Leinenzwang für Hunde" reichen, um die konservative Enttäuschung aufzufangen?

So droht die neue Partei zum Rohrkrepierer zu werden. Nach ersten Umfragen wollen nur ein Prozent der Hamburger Kusch "mit Sicherheit" ihre Stimme geben und acht Prozent "vielleicht". Hierzu trug sicherlich auch die miserable Vorstellung der neuen Partei auf einer Pressekonferenz bei, wo weder ein Programm noch ein Vorstand vorgestellt wurde. Wenig Vertrauen genießt auch Geschäftsführer Guy Seidel, der als Landesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten bis 2003 das Geld so mit vollen Händen rauswarf, daß der Verband sich bis heute nicht erholt hat. Aufregung ist also bei der Bürgerschaftswahl 2008 bislang eher nicht in Sicht.


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