© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/06 05. Mai 2006

Frisch gepresst

Sakrilege. Fast ausschließlich auf einen internationalen Megabestseller der Unterhaltungsliteratur ("The Da Vinci Code", dt. "Sakrileg") gestützt, konnte der 42jährige US-Amerikaner Dan Brown ein Vermögen erwerben. Wer will es unter diesen Umständen Nachahmern verdenken, auf dieser Welle des Erfolges mitzureiten! Der Neuseeländer Michael Baigent konnte nicht widerstehen, zumal die Materie - Mystik der Religion und ihrer tradierten Überlieferung - seit vielen Jahren zu seinen Steckenpferden gehört, was er mit "Der Heilige Gral und seine Erben" bereits bewies. Natürlich greift Baigent, der wie Brown geschickt historische Fakten mit Mythen, Mutmaßungen und religiösen Überlieferungen mixt, etwas gröber ins volle, um nicht nur die Institution Kirche, sondern gleich ihre ganze theologische Grundlage in Frage zu stellen. So behauptet er kühn, Jesus von Nazareth sei nicht etwa am Kreuz gestorben, sondern habe mit Maria Magdalena eine bis heute nachweisbare Dynastie begründet. Weniger das spärlich vorhandene Quellenmaterial, sondern die jahrhundertelange Unterdrückung dieser Wahrheit durch den Vatikan, die Baigent durch recht abenteuerliche innerkirchliche Restriktionen nachzuweisen versucht, sei dabei die Hauptstütze dieser These. Obgleich das nicht unbedingt plausibel ist, hat Baigent eine kurzweilige Verschwörungstheorie geschaffen, die - das ist dem "Sakrileg"-Verlag Gustav Lübbe wohl bewußt gewesen - zum Bestseller werden mußte (Die Gottesmacher. Die Wahrheit über Jesus von Nazareth und das geheime Erbe der Kirche. Bergisch Gladbach 2006, 378 Seiten, gebunden, 19,90 Euro).

8. Mai. Vor einem Jahr gab es zum sechzigsten Jahrestag des Kriegsendes 1945 einen Erinnerungsmarathon. Nachdem 1985 von Weizsäcker die These von der Befreiung neben die Niederlage zu stellen versuchte, war diesmal das Bestreben vieler Medien und Politiker nicht zu verleugnen, den 8. Mai nur noch als Befreiung zu deuten. Dagegen hat der österreichische Publizist und EU-Abgeordnete Andreas Mölzer praktisch als Korrektiv seinen Erinnerungsband mit Stimmen deutscher Opfer positioniert, der nun in zweiter Auflage erschienen ist (Als wir "befreit" wurden. Ausgebombt, gefangen, vertrieben, vergewaltigt - Zeitzeugen berichten über Krieg und Nachkriegszeit. Edition Zur Zeit, Wien 2006, 396 Seiten, broschiert, 19,90 Euro).


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