© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

Zeitschriftenkritik: Der schwarze Brief
Mit Herzblut geschrieben
Jochen Schmitt

Der schwarze Brief ist ein wöchentlich erscheinender katholischer Hintergrund-Informationsdienst, der 1966 für den Klerus gegründet wurde. Der Titel erinnert an die Zeiten, in denen man Priester aufgrund ihrer schwarzen Soutane eindeutig zuordnen konnte. Heute dürfte die Geistlichkeit nur noch einen marginalen Teil der Leserschaft ausmachen.

Die Zeitschrift besteht immer aus vier Seiten "Informationen aus Kirche und Politik" - so auch der Untertitel - und zwei Beilagen. Das "Sonderblatt Verkündigung" bietet stets eine Auslegung des Sonntagsevangeliums aus dem Nachlaß des verstorbenen Afrika-Missionars und glaubenstreuen Publizisten Franz Gypkens, der für seine klaren Worte bekannt ist. Im "Sonderblatt Notizen" bringt der Herausgeber, Chefredakteur und Verleger Claus Peter Clausen aktuelle politische und religiöse Meldungen oder auch Kommentare zu grundsätzlichen Themen wie dem Darwinismus.

Die kirchliche Linie des Schwarzen Briefs kann als konservativ und traditionsverbunden bezeichnen werden, wobei das Zweite Vatikanum nicht abgelehnt wird. Positiv fällt auf, daß Informationen gebracht werden, die in anderen Publikationen eher unter den Tisch fallen. So wird über gravierende Mißstände im Umfeld der populären, aber kirchlich nicht anerkannten Marienerscheinungen von Medjugorje berichtet. Der oft etwas polemische Stil bei einem derartig sensiblen Thema führte schon zu erbosten Abokündigungen, weil sich viele gläubige Katholiken angesichts der geistig-religiösen Not unserer Tage fest an vermeintliche Seher und deren "Schauungen" klammern. Die Unterscheidung der Geister gelingt der Redaktion leider nicht immer, obwohl in fast jeder Ausgabe über irgendwelche "Privatoffenbarungen" berichtet wird. Der schwarze Brief polarisiert häufig, weil die kirchenpolitischen Texte meist mit allzuviel Herzblut geschrieben sind. Etwas mehr Sachlichkeit wäre angemessener, zumal die Redaktion manche Spekulation im nachhinein richtigstellen mußte.

Politisch ist der Schwarze Brief ebenfalls "schwarz". Er gehört zum heute kaum noch vorhandenen konservativen Rand der Union, zu den von der ausgebliebenen geistig-moralischen Wende Helmut Kohls Enttäuschten. Die Regierung Merkel und insbesondere die Kanzlerin selbst werden daher in den kommentierenden Anmerkungen sehr negativ beurteilt. Deutlich wird die politische Grundhaltung auch am Vokabular, denn sozialdemokratische Ideen und Konzepte werden häufig als "sozialistisch" bezeichnet. Ferner finden sich des öfteren polemische Bemerkungen über die DGB-Gewerkschaften, während die christlichen Gewerkschaften unerwähnt bleiben.

Der Herausgeber Claus Peter Clausen war lange Zeit selbst im vorpolitischen Bereich aktiv und hat sich hier große Verdienste erworben. Gemeinsam mit dem Fernsehjournalisten und Moderator Gerhard Löwenthal, der Clausens politische Standfestigkeit in öffentlichen Kontroversen schätzte, hat er die Aktion "Hilferufe von drüben" auf Vereinsebene weitergeführt und eine gleichnamige Zeitschrift ediert, nachdem die Sendereihe als Teil des ZDF-Magazins abgesetzt worden war. 

Anschrift: Verlag Claus Peter Clausen, Lange Straße 30 a, 59523 Lippstadt, Jahresabo: 120 Euro.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen