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17/06 21. April 2006
Verfolgt, enteignet und vertrieben
Mit real-sozialistischer "Boden- und Industriereform" gegen Bürger, Bauern und
den Mittelstand
Vergessene Gutshöfe - erste Opfer der Enteignung
Zarnekow bei Demmin
Eines von mehreren hundert Gutshäusern in schlechtem Zustand allein in
Mecklenburg/Vorpommern. Das Gutshaus Zarnekow wurde 1869 erbaut, später folgten
zusätzliche Anbauten. Das Gutshaus steht heute leer. (Quelle und Informationen
zu Gutshäusern, Domänen, Schlössern und Burgen in Mecklenburg/Vorpommern unter
www.gutshaeuser.de)
Foto: Gutshaus Zarnekow
Langenfelde bei Grimmen
Das Herrenhaus Langenfelde befand sich im Besitz der Familie von Hagenow. Es
wurde in den Jahren 1843 und 1846 in Form eines "H" erbaut. Es wurde 1992 - ohne
Auflage - zur Sanierung verkauft. Seitdem steht dieses wertvolle Gebäude leer
und verfällt zusehends. Eine Sicherung gegen Regen, Schnee und Vandalismus ist
weder vorhanden noch geplant.
Foto: Gutshaus Langenfelde
Bernstorf bei Grevesmühlen
Der letzte Besitzer von Gut Bernstorf war Albrecht Graf von Bernstorff, der
aufgrund seiner antifaschistischen Haltung kurz vor Kriegsende von den
Nationalsozialisten umgebracht wurde. Dieses Herrenhaus ist ein schlichter Bau
aus Backstein und dem sogenannten Raseneisenstein, mit dem in der näheren
Umgebung des Gutes häufig gebaut wurde.
Foto: Gut Bernstorf
Die Enteignung in Zahlen 1945-1949
7.112 Höfe über 100 ha 4.278 Höfe unter 100 ha 9.881 Industriebetriebe
31 % Zirka 3,3 Millionen Hektar Land wurden zwischen 1945 und 1949
beschlagnahmt (31 Prozent der Gesamtfläche der DDR). Diese wurden auf zirka
560.000 "Neubauern" verteilt. Die durchschnittliche Betriebsgröße der
"Neubauernstellen" betrug daraufhin 8,1 Hektar.
625.000 Betroffene 1945-1949
3,75 % Adelige Gutsbesitzer ("Junker")
15% Landwirte
85 % Industriebetriebe
Die Zahl der Betroffenen der "Boden-" und "Industriereform" wird vom
Bundesfinanzministerium - entsprechend der Anzahl der Rückgabeanträge - mit rund
625.000 angegeben. Davon entfallen um die 85 Prozent auf mittelständische
Betriebe der "Industriereform", 15 Prozent der Fälle gehören zur "Bodenreform".
Der Anteil der adligen Gutsbesitzer, der sogenannten "Junker" beträgt etwa 3,75
Prozent.
Zwangskollektivierung 1952-1960
800.000 Zwangskollektivierungen
Zwischen den Jahren 1952 und 1960 wurden mehr als 800.000 Bauern enteignet
und deren Privatbetriebe in mehr als 19.000 Landwirtschaftliche
Produktionsgenossenschaften (LPG) überführt.
Foto: Grafik: JF / Angaben Aus Allianz für den Rechtsstaat e.V. "Chronik des
Unrechts"
Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone
Bezirksstädte der DDR Speziallager in der SBZ
Hunderte Personen wurden direkt im Zuge der Enteignungen getötet. Parallel
dazu wurden Tausende von "Bodenreform"-Opfern in Speziallager interniert.
Darunter Angehörige des Adels, Unternehmer und Bauern, die sich ihrer
entschädigungslosen Enteignung widersetzten. Insgesamt waren 122.671 interniert,
von denen 42.899 umkamen. 756 Personen wurden zum Tode verurteilt und
hingerichtet.
Foto: Speziallager Nr. 9 Fünfeichen Reproduktion eines Fotos des sowjetischen Speziallagers Nr. 9 bei
Neubrandenburg. Der Fund aus dem russischen Staatsarchiv Moskau ist
wahrscheinlich einmalig.
vor 1945
Leninismus
"Zunächst unterstützen wir bis zum Ende, mit allen Mitteln, bis zur
Konfiskation, den Bauern überhaupt gegen den Gutsherrn; danach unterstützen wir
das Proletariat gegen den Bauern überhaupt."
Foto: W. I. Lenin
Juni 1945
SMAD
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). "Befreier" und ab
Juni 1945 Souverän in der SBZ und im Leninschen Sinne Schirmherr über
Konfiskation, Demontage und Vertreibung.
Foto: Marschall Schukow (l.)
1945-1949
Konfiskationen
Die aus Moskau in die SBZ zurückgekehrte Gruppe Walter Ulbricht (KPD) setzt ab
September 1945 mit der Ausrufung der "Boden- und Industriereform" die
marxistisch-leninistische Theorie in die Praxis um.
Foto: W. Ulbricht
Juni 1952-April 1960
Kollektivierung
Mehr als 800.000 bäuerliche Betriebe fielen bis in Jahr 1960 der Kollektivierung
zum Opfer. Letztendlich entwickelten sich dabei 19.345 sozialistische
Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG).
Foto: LPG-Plakat
7. April 1960
"Null und nichtig"
"... niemals anerkennen, was an gesellschaftlichen Strukturänderungen im
Machtbereich des Sowjetismus vollzogen wird. Das ist für uns null und nichtig"
(Gemeinsame Erklärung des Bundestages).
Foto: Bundestag
1989
"Liquidieren"
In seinen Memoiren schwärmt der Ex-Staatsratsvorsitzende Honecker vom damaligen
Entschluß der KPdSU, "die Landwirtschaft durchgängig zu kollektivieren und das
Kulakentum als Klasse zu liquidieren".
Foto: Erich Honecker
10. Februar 1990
Innerdeutsche Angelegenheit
Generalsekretär Gorbatschow gibt in Anwesenheit von Bundeskanzler Helmut Kohl in
Moskau sein Ja-Wort zur Wiedervereinigung:
"Die Deutschen müssen ihre Wahl selbst treffen."
Foto: M. Gorbatschow
1., 2. und 3. März 1990
Kein Zurück
Der DDR-Ministerpräsident Hans Modrow läßt keinen Zweifel an der "DDR-Haltung"
aufkommen und besteht gegenüber Moskau und Bonn darauf: "Die
Eigentumsverhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik" sind "nicht in
Frage zu stellen".
Foto: Hans Modrow
18. März 1990
Weichenstellung
Für Innenminister Schäuble (CDU) stand nach der gewonnenen Volkskammerwahl das
"Grundgerüst" des Vertrages zur Einigung fest - keine Rückgabe und keine
Entschädigung von entzogenem Eigentum.
Foto: W. Schäuble
15. Juni 1990
Gemeinsame Erklärung
Zur Klärung der "offenen Vermögensfragen" erklären beide deutsche Staaten wie
folgt: "Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher
Grundlage (1945-1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen."
Foto: Einigungsvertrag
23. April 1991
Juristische Untermauerung
Die Verfassungsbeschwerde von "Bodenreform"- Betroffenen wird vom
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zurückgewiesen. Die "Enteignungen" seien
letztendlich anzuerkennen.
Foto: BVerfG
18. April 1996
"Pflichtgemäß"
"Die Grundlagen für eine pflichtgemäße Entscheidung der Verhandlungslage durch
die Bundesregierung" wird durch "nachträgliche Deutungen" (Aussagen Gorbatschow
...) "der politischen Verhältnisse nicht erschüttert".
Foto: BVerfG
26. Oktober 2004
"Keine Pflicht"
Karlsruhe erklärte: "Daraus folgt jedoch keine Pflicht zur Rückgabe des in dem
Zeitraum von 1945 bis 1949 außerhalb des staatlichen Verantwortungsbereichs
entschädigungslos entzogenen Eigentums."
Foto: BverfG
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