© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

PRO&CONTRA
Ausstrahlung von "Popetown" verhindern ?
Pater Lothar Groppe SJ / Stefan Sedlaczek

Der deutsche Start der britischen TV-Zeichentrickserie "Popetown" ist für den 3. Mai vorgesehen. Heftige Proteste von Katholiken in England gegen die Schmähung von Kirche und Papst bewogen die BBC, die "lustige, satirische und bizarre" Comedyserie nicht zu senden. Doch der deutsche Ableger des Musiksenders MTV möchte sich die Satire über einen "durchgeknallten Papst" nicht entgehen lassen, in deren Zentrum ein infantiler Pontifex mit einem Kinderspringstock durch den Vatikan hüpft, ergänzt um einen korrupten Kardinal, der Waisenkinder in die Sklaverei verkauft.

Karikaturisten hüten sich dagegen wohlweislich, religiöse Gefühle von Moslems oder Juden zu verletzen. Da schreckt die Fatwa gegen Salman Rushdie beziehungsweise der Vorwurf des "Antisemitismus". Nur christliche Werte kann man seit Jahrzehnten ungestraft in den Dreck ziehen. Dabei ist den Satirikern und Karikaturisten offenbar nicht bewußt, daß sie sich derselben Methode wie die Nazis bedienen. Der Stürmer unseligen Angedenkens erfreute seinerzeit seine Leser mit folgender Hymne: "Papst Pius kam geritten auf einem Ziegenbock. / Da meinten die Katholiken, er sei der liebe Gott. / Sie fielen auf die Knie und beteten ihn an, / und sangen fromme Lieder, wie man sich denken kann." Aus derselben Zeit stammt auch folgender Vers: "Wann wird der Menschheit Heil geschaffen? / Wann wird die Welt zum Licht geführt? / Wenn mit dem Darm des letzten Pfaffen / Der letzte Jud erdrosselt wird." Auch wenn Jahrzehnte dazwischen liegen, ist eine gewisse Seelenverwandtschaft mit dem Geist von "Popetown" unverkennbar. Damals konnte man gegen die braunen Schmutzfinken nichts ausrichten. Heute besteht die Möglichkeit, antireligiöse Hetzer zur Verantwortung zu ziehen. Es ist zu begrüßen, daß neben Bischöfen auch zahlreiche Laien gegen die Verhöhnung von Kirche und Papst demonstrieren.

 

Pater Lothar Groppe SJ war Leiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan sowie Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr.

 

 

Ich liebe meine Kirche. Ich gehe sonntags in die Messe, habe drei getaufte Kinder und eine katholische Frau. In meiner Jugend habe ich Jugendarbeit gemacht, später im Pfarrgemeinderat mitgearbeitet und mich jahrelang für das Leben Ungeborener engagiert. Sicher, die Werbung von MTV ausgerechnet in der Karwoche empfand ich als Provokation, mit der sich MTV aber vor allem selbst geschadet haben dürfte. Doch warum nur berührt mich die Diskussion um die Comicserie "Popetown" nicht wirklich? Sicher, ich bin für freien Handel und Austausch, finde Meinungsfreiheit selbstverständlich und mag Satire und Comics. Auch muß ich "Popetown" nicht sehen, niemand wird mich dazu zwingen. Die Antwort auf meine Frage liegt bereits in dieser selbst: Eine im TV gezeigte Serie berührt mich nicht wirklich, sie beeinflußt mein Leben nicht tatsächlich. Ganz anders die vielfältigen Zwänge, denen ich sonst ausgesetzt bin. Mir ist die Freiheit meiner Person, die Unantastbarkeit meines Körpers und meines Eigentums viel wichtiger als ein Comic, den ich mir ansehe - oder eben nicht. Der schadet mir nicht. Die Kugeln auf Papst Johannes Paul II. waren gefährlich, eine Meinung wohl kaum. Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut, als ein solches sollte sie zum Problem erklärt werden.

"Popetown" ist, schenkt man MTV Glauben, keine Gotteslästerung, sondern eine deutlich überspitzte Kritik am Bodenpersonal. Wer, gerade wie die katholische Kirche, die Menschen liebt und um ihre Schwächen weiß, wird nicht als beleidigend auffassen, was sympathisch ist, weil es menschlich ist. Das kann die Kirche vertragen, und es tut ihr auch gut. Wer sein eigenes Gusto schärfen will, braucht zuweilen einen Schleifstein. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen - auch wenn die Gaukler und Spielleute über den Dorfplatz ziehen. Denn mitten im Dorf ist die Kirche gerade richtig, und Lachen ist gesund.

 

Stefan Sedlaczek, diplomierter Verwaltungswirt und Kaufmann in Siegburg, veröffentlicht als Publizist in diversen libertären Foren.


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