© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/06 14. April 2006

Frisch gepresst

Bunkerwelten. Wie die Nutzlosigkeit der Maginotlinie 1940 bewies, schienen Befestigungswerke im Zeitalter der Bewegungskriege nur mehr eine Erinnerung ans Mittelalter bieten zu können. Trotzdem haben deutsche "Festungen" gegen Ende des Zweiten Weltkriegs eine, wenn auch militärhistorisch umstrittene Rolle gespielt. Im Osten waren es aber gerade Städte wie Königsberg, Breslau oder Kolberg, die als Wellenbrecher gegen die Sowjets dienen mußten, während Stalins Panzer durch die "deutsche Maginotlinie" im Oder-Warthe-Bogen einfach hindurchrollten, ohne von den schlafenden Volkssturmmännern bemerkt zu werden. 1944/45 stellte diese "Festungsfront", die nach dem Versailler Diktat zum Schutz gegen einen polnischen Angriff auf das Reich errichtet wurde, allerdings auch kein Hindernis mehr dar, da man die Anlagen zugunsten des "Westwalls" und später des "Atlantikwalls" weitgehend entwaffnet hatte. Da kaum Kampfhandlungen stattfanden, überstanden die Panzerwerke dieser Festungsfront zwischen der Neumark und Hinterpommern den Krieg also recht unbeschadet. Die Berliner Hobbyarchäologin Christel Focken illustriert mit Hunderten von detailverliebten Farbfotos diese Geschichtslandschaft, durch die sie eines fernen Tages auch gern mit der Museumsbahn führe (Ostwall. Die vergessene Festungsfront Oder-Warthe-Bogen. Helios Verlag, Aachen 2006, gebunden, 101 Seiten, Abbildungen, 29,70 Euro).

Fussenegger. Eher noch als ihre ungleich bekanntere Kollegin Elfriede Jelinek hätte die 1912 in Pilsen geborene Gertrud Fussenegger den Nobelpreis verdient. Immerhin verdankt ihr die österreichische Literatur nach 1945 einige ihrer schönsten Werke, etwa "Das Haus der dunklen Krüge" (1951), "Das verschüttete Antlitz" (1957) oder "Die Pulvermühle" (1968). Zuletzt erschien der Roman "Bourdenins Kinder" (2001). Nun liegt ein im August 2003 geführtes Gespräch mit der hochbetagten Dichterin vor, das einen faszinierenden Einblick in ihre Werkstatt gewährt. Gestreift werden unter anderem die sudetendeutsche Frage, Nationalsozialismus, Christentum, Globalisierung, ihr Verhältnis zu Weggefährten wie Franz Tumler und Manès Sperber sowie geistige Einflüsse von Bloy bis Jünger (Gertrud Fussenegger: Ein Gespräch über ihr Leben und Werk mit Rainer Hackel. Böhlau Verlag, Wien 2005, gebunden, 147 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro).


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