© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/06 07. April 2006

Schönbohm distanziert sich
Medien: Die Sprachfibel des Deutschen Journalisten-Verbandes und des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung stößt auf wenig Gegenliebe
Curd-Torsten Weick

Vollmundig hatte der Deutsche Journalistenverband (DJV) verkündet, daß selbst Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) "für eine ideelle und möglicherweise auch finanzielle Unterstützung des Projektes gewonnen werden" konnte (JF 14/06). Doch dieser will von einer politisch korrekten Sprachfibel als Arbeitsanleitung für Journalisten nichts wissen. "Nein!" erklärte die Sprecherin des brandenburgischen Innenministeriums, Dorothee Stacke, auf die Frage der jungen freiheit, ob der CDU-Minister das Projekt unterstütze.

Der auf der Leipziger Buchmesse durch den DJV und das Ehepaar Jäger vom, so der DJV, "renommierten" Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) erfolgte Startschuß einer Sprachfibel der "diskriminierenden und rassistischen Wörter" ist schnell verklungen. Die Kritik daran weniger: "Man ist entsetzt: Sprachzensur, -regelung und -lenkung, Maulkörbe, Formulierungs- und Wortverbote - wird jetzt zum 'Bürokratieabbau' noch ein Sprachzensurbehörde installiert? Man fühlt sich wie im Tollhaus - Orwell läßt grüßen! Damit werden die wahren Probleme von Zuwanderung und Integration nur verschleiert und verkleistert. Demokratie hat auch etwas mit Wahrheit und Offenheit zu tun", wird etwa im Journalisten-Internet-Blog txt94.de dem Ärger Luft gemacht. "In den Mülleimer!" heißt es weiter, "dieses Projekt hat mit einem Kampf gegen Rassismus ungefähr soviel zu tun wie die Zwangshandlung, sich fünfzigmal täglich die Hände waschen zu müssen, mit Hygiene. Und das in Zusammenarbeit ausgerechnet mit dem DISS!"

Als einen "Think-Tank von linksaußen" charakterisierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung jenes private Duisburger Institut, das keinen Hehl aus seiner linken politischen Ausrichtung macht und dennoch als Partner im Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Rechts teilweise dennoch Anerkennung findet.

"Völkische Bande - Dekadenz und Wiedergeburt - Analysen rechter Ideologie" heißt dann auch Band 8 der Edition DISS, der von den DISS-Mitarbeitern Helmut Kellershohn und Jobst Paul herausgegeben wurde. Band 6 (Herausgeber Alfred Schobert und Siegfried Jäger vom DISS) beschäftigt sich mit dem "Mythos Identität - Fiktion mit Folgen": zwei von insgesamt 44 Titeln, die das Duisburger Institut in Kooperation mit dem linken Unrast-Verlag (Münster) verlegen läßt. Jenem Verlag, der laut Eigendefinition seit 13 Jahren seiner "publizistischen wie undogmatischen politischen Linie treu geblieben" ist und sich mit seinen Büchern "entgegen dem Zeitgeist" "rastlos gegen jede Form von Unterdrückung, Diskriminierung, gegen Nationalismus, Faschismus und Sexismus wendet".

Ganz oben auf der Internet-Präsentationsliste des Verlages ist der für Autonome und militante Linke kreierte "Antifaschistische Kalender 2007" zu finden, in dessen aktueller Ausgabe von "rassistischer Staatspolitik" Deutschlands die Rede ist. Hier werden "Linke" und "AntifaschistInnen" zu ihren Rechten bei staatlicher Repression aufgeklärt, und auch der "antifaschistische Brandanschlag" auf die "Druckerei der JUNGE FREIHEIT" im Jahr 1994 ist einen Kalendereintrag wert.

Foto: Ein Verband als Blockwart: Kritik von Journalisten


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