© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/06 31. März 2006

Anonyme Stellensuche: "Genfer Konvention" 2006
Katze im Sack
Frank Liebermann

Diskriminierung ist nicht schön. Im Normalfall bedeutet sie, daß eine Person aufgrund eines Merkmals schlechter gestellt wird als andere Personen. Diskriminierungen beziehen sich meist auf das Geschlecht, die Sexualität, das Alter oder die Religion. Lange Zeit versuchten Politiker durch Quotenregelungen Abhilfe zu schaffen. Auch dieser Lösungsversuch schaffte neue Probleme: die Positivdiskriminierung wurde geboren. Der Zwang, Quoten zu erfüllen, führte immer wieder zu der ungerechten Situation, daß nicht der Bestqualifizierte eine Stelle bekam. Im Schweizer Kanton Genf wird nun etwas unvergleichlich Neues getestet. Wer sich dort für eine Stelle im öffentlichen Dienst bewirbt, reicht einen anonymisierten Lebenslauf ein. Name, Alter, Adresse, Geschlecht und Paßbild fehlen dort. In erster Linie soll die Initiative dem Schutz von Ausländern dienen, die oft schon aufgrund ihres Namens die Vorauswahl nicht überstehen. Auch die Schlech-terstellung von Alten und Frauen soll so verhindert werden. Der Erfolg, oder besser: die Folgen, bleiben abzuwarten. Derweil könnte man sich ja politisch-korrekt dem in der Schweiz üblichen Begriff der Kader-"Selektion" widmen.


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