© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/06 31. März 2006

Frisch gepresst

Polnische Wirtschaft. Als die Warschauer Soziologin Maria Jarosz 2004 ihre Analyse zum Stand der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation in Polen veröffentlichte, setzte sie dort eine heftige Diskussion in Gang. So hätten immer noch gewisse Eliten, die auch schon vor 1989 privilegierte Stellungen einnahmen, die neuen marktwirtschaftlichen Bedingungen am besten genutzt, um sich mit allen illegalen (Korruption) oder halblegalen Mitteln (Vetternwirtschaft) in der neuen Zeit einzurichten. Damit kristallisiere sich - wie in den anderen postkommunistischen Ländern auch - eine Schicht von "neuen Polen", die in auffallender "materieller Disproportion" zum Rest des Volkes stehe. Das System der Korruption habe auch dadurch eine gesamtgesellschaftliche Etablierung erfahren. Diese Einblicke in die polnischen Schattenseiten, die laut dem Deutschen Polen-Institut in Darmstadt (Herausgeber der deutschen Ausgabe) "fundamentale Unterschiede in zentralen Bereichen" zu den "Demokratien des 'alten' Europas" beleuchteten, überraschen allerdings nur denjenigen wirklich, der über keinerlei direkte Erfahrung im jungen EU-Nachbarland verfügt. Selbst in Polen dürfte die lobenswerte und fundierte Untersuchung nur jene verärgern, bei denen die nationale Eitelkeit größer als das Wahrnehmungsbewußtsein ist (Macht, Privilegien, Korruption. Die polnische Gesellschaft 15 Jahre nach der Wende. Harrassowitz-Verlag, Wiesbaden 2005, 290 Seiten, broschiert, 24,80 Euro).

Deutsche Pioniere. Deutsch-Südwestafrika wählte der Vater des Autors Richard Helm im Jahr 1908, um im Osten des Landes bei Gobabis, wo die karge Landschaft in die Ödnis der Kalahari übergeht, einen Neuanfang zu wagen. Doch alle durch diese topographischen Parameter vorgegebenen Widrigkeiten sollten nicht die politischen Schwierigkeiten aufwiegen können. So konnte sein Vater der für deutsche Männer obligatorischen Internierung nach 1914 noch entgehen, nur die wirtschaftlichen Beschränkungen lasteten auf der Farm. Spätestens nach der erneuten Internierung während des Zweiten Weltkrieges in einem Lager in Südafrika hieß es 1947 für den als "Südwester" geborenen Autor Abschied zu nehmen von "Kameldornholz und trockenen Revieren" (Zwischen Ankunft und Abschied. Einige Begebenheiten aus dem ehemaligen Schutzgebiet Südwest-Afrika. Reinhold Kolb Verlag, Mannheim 2005, 364 Seiten, broschiert, 22 Euro).


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