© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/06 10. März 2006

Zeitschriftenkritik: Volkslust
Positionsbestimmungen
Marcus Schmidt

Das dritte Heft der Volkslust ist da. Die Redakteure und Mitarbeiter um Hanno Borchert, die das Erbe der nationalrevolutionären Zeitschrift Wir Selbst angetreten haben, sehen eine der wesentlichen Missionen "der authentischen Linken" darin, das Volk "in Bewegung" zu versetzen. Dementsprechend widmen sich wichtige Aufsätze der aktuellen Ausgabe der Positionsbestimmung.

Mit dem ewig jungen Thema der vermeintlichen oder tatsächlichen "Zweiteilung politischer Positionen" befaßt sich Henning Eichberg. Es geht - wieder einmal - um die Frage, wie zeitgemäß die Unterscheidung zwischen Rechts und Links noch ist und wie es um den sagenumwobenen "dritten Weg" bestellt ist. Unter der Überschrift "Rechte Hand, linke Hand und keine dritte" läßt Eichberg keinen Zweifel daran, daß die Unterscheidung nach seiner Auffassung nach wie vor ihre Berechtigung hat: "Wer das Ende von Rechts-Links behauptet, steht in der Regel selbst rechts", behauptet Eichberg, der einen Blick zurück in die siebziger Jahre wirft. In dem damaligen Versuch, das Rechts-Links-Schema zu überwinden, sieht er einen der grundlegenden Impulse der frühen grünen Bewegung, in der sich Menschen von "bürgerlichem" und "linkem" Habitus getroffen hätten. Dennoch: "Die Kette der Versuche, sich jenseits des Gegensatzes von Rechts und Links zu plazieren, liest sich als eine Serie von Vergeblichkeiten." Als Beleg für seine These führt Eichberg die Grünen an, die sich längst zu einer "normalen" bürgerlichen Partei - auch: "Kriegspartei" - gewandelt hätten. Dennoch sieht er die Rechts-Links-Einteilung nicht als "natürlich" und somit ewig an. Nach einem geschichtlichen Abriß läßt Eichberg die Ideengeschichte hinter sich und wendet die Frage ins Ästhetische. Er befaßt sich mit der Körperlichkeit und vergleicht die "Körperrepräsentationen und idealtypischen Körperbilder auf der Rechten und Linken", in denen er charakteristische Unterschiede entdeckt. Das Körperbild der Linken unterscheide sich von dem rechten "narzißtischen Stil der Selbstdarstellung und politischen Mythologie". Letztlich kommt Eichberg zu dem Schluß, daß es in die Illusion führe, anzunehmen, es lasse sich ein dritter Weg jenseits von Links und Rechts finden. Der Positionsbestimmung dient auch der Aufsatz "Normal ist der Tod" von Alexander Raoul Lohoff, der sich gegen Geschichtspolitik wendet und diese als "notwendig falsche Antwort auf die falsche Frage", bezeichnet. Ansonsten bietet das neue Volkslust-Heft eine breite Themenpalette bis hin zu literarischen Texten wie der Ballade vom Deutschlandexpreß von Elisabeth Quast. Linke Herzen erwärmen dürften die Bestandsaufnahme des "Freistaats Christiania" in Kopenhagen - oder Eichbergs Gedankensplitter "Also doch Sozialismus?" Hier wird das Heft seinem Anspruch, "links" zu sein, vollends gerecht, zumal das Fragezeichen hinter "Sozialismus" nur im Inhaltsverzeichnis auftaucht. Und dann ist da noch die Reportage von Borchert, der - ja, tatsächlich - ein Konzert der Knaben-Combo Tokio Hotel besucht hat: Die Volkslust ist für Überraschungen gut.

Redaktion Volkslust, Fidea e.V., Postfach 60 10 67, 22210 Hamburg, E-Post: redaktion@volkslust.de,Internet: www.magazin-volkslust.de. Das Einzelheft kostet 5 Euro zuzüglich Porto und Versand.


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